Studie behauptet: Flugzeug belastet Umwelt so stark wie Zug
In einer Studie schneidet das Flugzeug punkto Umweltbelastung gleich gut ab wie die Bahn. Die Rechnung dürfte allerdings kaum repräsentativ sein.
Das Wichtigste in Kürze
- Punkto CO2 schneiden Zug und Flugzeug auf der Strecke Zürich – Mailand gleich ab.
- Der Gotthardtunnel vermiest dem Auto und der Bahn die CO2-Bilanz.
- Die Resultate sind allerdings nicht für die Verkehrsmittel repräsentativ.
Dass der Zug umweltfreundlicher ist als das Auto oder das Flugzeug, liegt auf der Hand. Er fährt – zumindest in der Schweiz – primär mit Wasserkraft. Auto und Flugzeug verbrennen Erdöl, was bekanntlich die Umwelt belastet.
Eine neue Studie will ein anderes Licht auf die verschiedenen Verkehrsmittel werfen. BWL-Professor Andreas Herrmann und Unternehmensberater Klaus Radermacher haben versucht, die Mobilität ganzeinheitlich zu erfassen.
Das Resultat, welches in der aktuellen «Bilanz» veröffentlicht wurde, überrascht: Der Zug ist mit dem Flugzeug gleichauf. Nur das Auto ist abgeschlagen.
Wie kommt es dazu? Ausgangslage war die Strecke Zürich – Mailand. Einbezogen wurden nicht nur die direkten Emissionen, sondern auch der Fussabdruck des Verkehrsmittels bei der Herstellung und den Bau der Infrastruktur. Also etwa Schienen, Stellwerke, Autobahnen, Tankstellen oder Landebahnen.
Energiebedarf für Bahnfahrt tiefer
Berücksichtigt man nur den CO2-Fussabdruck der Antriebsenergie, so schneidet die Bahn besonders gut ab. Pro Passagier entstehen zwischen 3,8 und 6,4 Kilogramm CO2. Beim Flugzeug waren es 23 Kilo, beim Auto gar 27 Kilo.
Das Problem ist der Gotthard-Basistunnel. Gemäss den Studienautoren dürfte der Bau vier Millionen Tonnen CO2 produziert haben. Gleiches Problem hat auch der Strassentunnel, allerdings ist dieser kürzer. Zudem nutzen die Strasse jährlich rund doppelt so viele Menschen.
Wegen der Tunnel wird die Umwelt-Bilanz von Auto und Zug verschlechtert. Unter dem Strich kommt die Autoreise Zürich – Mailand pro Kopf auf 42,5 Kilo CO2, die Zugfahrt auf 25 Kilo CO2 und das Flugzeug auf 23 Kilogramm.
Als Bahn-Bashing soll die Studie nicht verstanden werden. In der «Bilanz» fordern die Autoren hingegen: «Die ideologischen Grabenkämpfe zwischen Schiene und Strasse müssen im Sinne der Umwelt und der Kosten überwunden werden»,
«In keiner Weise repräsentativ»
Reto Knutti, Klimaforscher der ETH Zürich, überraschen die Erkenntnisse nicht. Wegen des Tunnelbaus sei die Umwelt-Bilanz von Strasse und Bahn in diesem Fall grundsätzlich schlecht.
«Sie ist dominiert von Infrastrukturkosten, dem CO2-Ausstoss beim Bau des Tunnels, nicht durch den eigentlichen Verkehr», sagt Knutti. Doch: «Auch wenn die Zahlen richtig sind, so sind sie in keiner Weise repräsentativ für die ganze Schweiz oder Europa.»
Abhängig von Distanz, Topografie und Anzahl beförderter Personen seien unterschiedliche Verkehrsmittel sinnvoll. «Es macht keinen Sinn, eine Zugstrecke in ein einsames Alpental zu bauen, um ein paar Personen zu befördern.»
Der Klimaforscher hält fest, dass neben CO2 noch weitere Kriterien berücksichtigt werden müssen, um ein Verkehrsmittel zu beurteilen: etwa Luftverschmutzung, Lärm, Platzbedarf oder Zuverlässigkeit.
Beim Beschluss, die Güter von Strasse auf die Schiene zu bringen, sei der CO2-Ausstoss nur ein Teil des Arguments gewesen. «Vor allem die Einsicht, dass eine immer grössere Blechlawine mit Stau, Lärm und Luftverschmutzung für die Bergtäler langfristig kaum tragbar ist.»