Walliser Firma fälschte Ablaufdaten von Krebsmedikament
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Walliser Firma hat über Jahre hinweg Krebsmedikamente mit gefälschten Ablaufdaten an Spitäler verkauft.
- Weltweit wurden über 120'000 Dosen ausgeliefert – bei 96'000 Fläschchen sollen die Ablaufdaten gefälscht worden sein.
- 2473 Dosen landeten in Schweizer Spitälern, am meisten davon im Inselspital Bern.
- Die Heilmittelbehörde Swissmedic ist überzeugt, dass die Firma Krebspatienten einem Gesundheitsrisiko ausgesetzt hat.
Die Walliser Firma Alkopharma aus Martigny fälschte über Jahre hinweg die Verfallsdaten auf Tausenden Medikamentenfläschchen des Krebsmedikaments Thiotepa. Erst 2011 bemerkte der deutsche Hersteller, dass noch immer Thiotepa im Umlauf ist, das längst abgelaufen sein müsste.
2016 kam es deshalb zur Anklage. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Walliser bereits Dosen für fast vier Millionen Franken verkauft. Weil laut dem Gericht keine Gefährdung der Gesundheit bestand, wurden die Verantwortlichen jedoch lediglich gebüsst.
Gemäss Swissmedic, die fünf Jahre lang ermittelte, soll die Firma die Patienten jedoch sehr wohl einem Risiko ausgesetzt haben. Wie die «Sonntagszeitung» berichtet, hat die Schweizer Heilmittelbehörde den Fall deshalb an die nächste Instanz weitergezogen.
Laut Swissmedic habe allein das Berner Inselspital bis 2011 über 1400 Dosen des Medikaments gekauft. Der grösste Teil habe gefälschte Verfallsdaten gehabt. Inzwischen wurden 23 Patienten identifiziert, die mit dem Medikament behandelt wurden. 15 davon sind Kinder, die zum Teil an Nierenkrebs und Gehirntumoren litten.
Neben dem Inselspital gingen 400 Dosen nach Genf und 20 zur Kantonsapotheke Zürich. Swissmedic hat bei verschiedenen Stichproben in der ganzen Schweiz Medikamente mit reduzierter Wirksamkeit gefunden. «Diese Affäre ist in ihrer Grössenordnung bisher einzigartig in der Schweiz», so die Heilmittelbehörde.
Von 2007 bis 2011 verkaufte Alkopharma die Krebsmedikamente. Insgesamt lieferte die Firma über 128'000 Dosen Thiotepa aus. Bei 96'000 Fläschchen sollen die Ablaufdaten gefälscht worden sein. Die meisten Dosen gingen nach Frankreich, 2473 landen bei Schweizer Spitälern. Davon haben laut Swissmedic 85 Prozent falsche Ablaufdaten, teils waren die Dosen seit Jahren abgelaufen. Analysen ergaben, dass der Hauptwirkstoff teils stark reduziert war.
Der Prozess in zweiter Instanz soll bald beginnen, wie die «Sonntagszeitung» weiss. Zum Zeitpunkt des ersten Prozesses waren von den 23 betroffenen Patienten des Inselspitals übrigens deren 16 auf dem Weg der Besserung, vier erlitten Rückfälle und drei starben. Alle drei waren Kinder.