Was heisst eigentlich «too big to fail»?
«Too big to fail» – diese Worte waren rund um die Krise und Übernahme der Credit Suisse omnipräsent. Doch was bedeuten sie überhaupt?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Übernahme der Credit Suisse ist in aller Munde.
- Während der Berichterstattung stets präsent, die Wortfolge: «too big to fail».
- Was es mit ihr auf sich hat, erfahren Sie hier.
Die Schweizer Problembank Credit Suisse war «too big to fail» – zu gross, um in Konkurs zu gehen. Deshalb hat sich die Regierung in Bern vehement für eine Übernahme des Geldinstituts durch die Konkurrenzbank UBS eingesetzt. Eine neue Finanzkrise scheint nun zunächst abgewendet. Doch Unsicherheiten rund um als systemrelevant eingestufte Banken bleiben.
Der Begriff geht auf die Finanzkrise 2008 infolge der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers zurück.
Die G20-Länder richteten damals den Finanzstabilitätsrat (Englisch: Financial Stability Board – FSB) als globales Kontrollorgan ein. Der FSB gibt seit 2011 die Liste der als systemrelevant eingestuften Banken heraus und aktualisiert sie jährlich.
Die dort aufgeführten Grossbanken werden als so gross angesehen, dass ihr Zusammenbruch verheerende Folgen für das gesamte Finanzsystem, die Realwirtschaft, Unternehmen und Haushalte haben würde. Sie müssen deshalb verschärfte Anforderungen erfüllen und etwa grössere Kapitalpuffer vorhalten und unterliegen einer strengeren Aufsicht.
Zuletzt enthielt die Liste 30 Banken, nebst der UBS und der CS auch die Bank JPMorgan Chase sowie die Bank of America aus den USA, Barclays aus Grossbritannien, BNP Paribas aus Frankreich, Spaniens Santander oder die niederländische ING. Als einziges deutsches Institut ist die Deutsche Bank als systemrelevant gelistet. Die Commerzbank galt bis 2012 als «too big to fail».
Grosse Kontroverse
Der nun folgende Zusammenschluss zweier Banken, die beide bereits als «too big to fail» galten, ist umstritten. Die Bilanzsumme der UBS wird nach der Übernahme der Credit Suisse das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz übersteigen. Dadurch «vervielfacht» sich das Risiko, warnt etwa Thierry Philipponnat von der unabhängigen Organisation Finance Watch. Er kritisiert zudem grundsätzlich, dass Banken der Anreiz fehle, verantwortungsvoll zu wirtschaften, weil sie wissen, dass sie in jedem Fall gerettet werden.
Dies gilt nicht nur für die Grossen. Philipponat verweist auf den Fall der Silicon Valley Bank und der Signature Bank in diesem Monat: Beide sind verhältnismässig klein, aber für bestimmte Sektoren der US-Wirtschaft von zentraler Bedeutung, was die Behörden dazu veranlasste, einzuspringen. Das Problem bestehe darin, dass «heute alle Banken systemrelevant geworden sind» und die Behörden sich gezwungen sähen, einzugreifen, sagt der Experte.
Die Wirksamkeit der zahlreichen Massnahmen zur Absicherung des Bankensektors seit 2008 ist vor diesem Hintergrund fraglich. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronique Riches-Flores etwa bezweifelt, dass es sich mittel- bis langfristig um ein tragfähiges System handelt.
«Ein Funke kann schnell eine Kettenreaktion auslösen, die niemand vorhersehen kann», sagt sie. So habe die Credit Suisse alle Solvenzkriterien erfüllt und dennoch mussten die Behörden eingreifen – wegen allgemeiner Unsicherheit infolge des Zusammenbruchs von US-Banken ohne jegliche Verbindungen zur Credit Suisse.