Wohnort von Bill Gates und Jeff Bezos geht das Geld aus
In Medina wohnen die zwei reichsten Menschen der Welt. Trotzdem kämpft die US-Gemeinde mit Geldproblemen. Schuld ist ein Gesetz.
Das Wichtigste in Kürze
- Die US-Gemeinde Medina rechnet für 2020 mit einem Defizit von einer halben Million Dollar.
- Die Einwohner zahlen keine Einkommenssteuer.
Jeff Bezos und Bill Gates sind die beiden reichsten Menschen der Welt. Der Amazon-Chef kommt trotz Scheidung auf ein Vermögen von 112 Milliarden Dollar. Und der Microsoft-Gründer sitzt auf 105 Milliarden Dollar.
Beide wohnen nur ein paar Hundert Meter voneinander entfernt. In Medina bei Seattle. Sie sind nicht die einzigen Superreichen hier: Auch der frühere Microsoft-Boss Steve Ballmer residiert in der der 3000-Seelen-Gemeinde. Die Wirtschaftsagentur «Bloomberg» schätzt sein Vermögen auf 50 Milliarden Dollar.
Nächstes Jahr ein Defizit
Doch trotz superreicher Einwohner: Die Gemeinde rechnet 2020 mit Defizit von einer halben Million Dollar. «Die Werte der Immobilien in Medina steigen zwar immer weiter an», erklärt Gemeindevorsteher Michael Sauerwein dem «Spiegel», «Aber leider können unsere Steuereinnahmen da nicht mithalten.»
Aktuell hat die kleine Gemeinde ein Budget von 6,9 Millionen Dollar. «Unsere Ausgaben sind in den vergangenen Jahren vor allem wegen der Teuerung um 4,5 Prozent jährlich gestiegen, doch unsere Einnahmen nur um 2,5 Prozent.»
Medina ist zu über 40 Prozent von Immobiliensteuern abhängig. «Da haben wir im Staat Washington ein Gesetz, das unsere finanzielle Gesundheit gefährdet und das ziemlich einmalig ist in den USA», erklärt Sauerwein.
Keine Einkommensteuern
Gemäss dem Gemeindevorsteher bleiben nur acht Prozent der Immobiliensteuern in Medina. Der Grossteil geht an den Landkreis und an den Bundesstaat Washington. Zudem dürfen Gemeinden in Washington ihre Einkünfte aus Wohneigentumsteuern pro Jahr nur um ein Prozent erhöhen.
Dass Bezos, Gates und Co. nicht mehr abliefern müssen, liegt im System: Der Staat Washington erhebt keine Einkommensteuer – aus Wettbewerbsgründen.
Matt Gardner ist Steuerexperte beim Thinktank Institute on Taxation and Economic Policy (ITEP). Gegenüber dem «Spiegel» erklärt er: «Dass eine Kleinstadt bei Seattle, Heimatort von Amazon, in Finanznöte geraten könne, hat am Ende auch damit zu tun, dass Firmen wie Amazon auf bundesstaatlicher und nationaler Ebene ihre Steuern nicht zahlen.»
Der Online-Händler hat letztes Jahr elf Milliarden Dollar Gewinn gemacht. Laut dem ITEP 2018 zahlte der Konzern aber keine Bundessteuern.