Minderjährige im Bordell – Freier und Betreiberin angeklagt

In Baden AG wurden zwei minderjährige Prostituierte in einem Bordell ausgebeutet. Mehrere Freier erhielten Strafbefehle. Nun wurden weitere Anklagen erhoben.

Handschellen
Ein Mann in Handschellen. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • 2023 wurden zwei Minderjährige aus einem Bordell in Baden AG befreit.
  • Inzwischen konnten mehrere Freier identifiziert und verurteilt werden.
  • Nun wurde auch eine Anklage gegen die hauptbeschuldigte Bordellbetreiberin erhoben.

Die Kantonale Staatsanwaltschaft hat die Untersuchungen zu einem Bordell im Bezirk Baden AG abgeschlossen, in dem im Jahr 2023 zwei minderjährige Prostituierte tätig waren. Mehrere Freier konnten identifiziert werden und erhielten Strafbefehle.

Zwei Rezeptionistinnen wurden im abgekürzten Verfahren angeklagt und verurteilt. Mit den Anklagen gegen einen weiteren Freier und gegen die hauptbeschuldigte Bordellbetreiberin wird der Menschenhandels-Fall nun abgeschlossen. Beide Beschuldigte werden sich demnächst vor Gericht verantworten müssen.

Eröffnung Strafverfahren

Im April 2023 gingen Hinweise aus der Bevölkerung bei den Strafverfolgungsbehörden ein, wonach eine minderjährige Teenagerin aus Ungarn in einem Bordell im Bezirk Baden AG arbeiten würde.

Die junge Frau aus Osteuropa konnte durch die Behörden aufgefunden und anschliessend in einem geschützten Rahmen untergebracht werden.

Mehrere Personen wurden verhaftet. Die Kantonale Staatsanwaltschaft eröffnete ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Menschenhandel und Förderung von Prostitution.

Opfer mit Loverboy-Masche geködert

Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die aus sehr schwierigen Verhältnissen stammende Minderjährige in ihrem Heimatland mit der Loverboy-Methode gezielt angeworben und manipuliert worden ist und daraufhin in die Prostitution geriet.

depressives mädchen
«Loverboys» sind Männer, die Mädchen oder Frauen, die in sie verliebt sind, manipulieren, abhängig machen und ausbeuten. (Symbolbild) - Depositphotos

Bei diesem Phänomen werden Menschen, vereinfacht erklärt durch Versprechungen der grossen Liebe und von einem besseren Leben in ein Abhängigkeitsverhältnis gebracht und anschliessend ausgebeutet.

Der mutmassliche Loverboy vermittelte die damals erst 16-jährige Frau schliesslich an die beschuldigte Betreiberin des Bordells in der Schweiz.

Weitere Ausbeutungen in der Schweiz

Die Untersuchungshandlungen wurden von der Abteilung für Menschenhandel bei der Kantonalen Staatsanwaltschaft sowie für derartige Delikte ausgebildete Spezialkräfte der Kantonspolizei Aargau durchgeführt.

Es konnte festgestellt werden, dass die Teenagerin zwischen Januar und März 2023 rund 70 Männer im Bordell zu bedienen hatte.

Die Untersuchung ergab sodann, dass in dieser Zeit auch noch ein weiteres minderjähriges Opfer während dreier Tage für die Hauptbeschuldigte als Prostituierte gearbeitet hatte. Dieses zweite Opfer musste während dieser Anstellung insgesamt acht Freier bedienen.

Das Alter der Prostituierten war offensichtlich

Der Betreiberin des fraglichen Bordells wird vorgeworfen, bereits bei der Einschleusung der Teenagerin in die Schweiz über deren Alter Bescheid gewusst und die Opfer den Freiern teilweise sogar ausdrücklich als Minderjährige angeboten zu haben.

Prostituierte
Eine Prostituierte in einem Bordell. (Symbolbild) - Keystone

Aufgrund der Beweislage geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass es für die Freier im Kontakt mit der Teenagerin offensichtlich gewesen sein musste, dass sie für den Verkehr mit einer Minderjährigen bezahlten.

Strafbefehle und eine Anklage gegen Freier

Mehrere Bordellbesucher konnten ermittelt werden. Fünf dieser Männer erhielten Strafbefehle wegen sexueller Handlungen mit einer Minderjährigen gegen Entgelt; alle fünf Strafbefehle sind rechtskräftig.

Diese Freier erhielten bedingte Geldstrafen sowie Bussen in Höhe zwischen 250 und 2500 Franken, wurden zu Genugtuungszahlungen an das Opfer verpflichtet und mussten die Verfahrenskosten tragen.

Ein weiterer Mann wusste aufgrund Informationen von einer Mitarbeitenden des Bordells wohl bereits im Vorfeld seines Besuchs vom wahren Alter einer der Opfer und verlangte deshalb gezielt nach diesem.

Schweizer wegen illegalen Pornographie angeklagt

Der 44-jährige Schweizer wurde daher nun wegen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen gegen Entgelt angeklagt. Zusätzlich besteht bei ihm der Verdacht der illegalen Pornographie.

Ihm droht eine bedingte Freiheitsstrafe von acht Monaten. Das Gericht wird zudem ersucht, die Verhängung eines Tätigkeitsverbots zu prüfen.

Tatverdächtiger Loverboy im Ausland

Die Kantonale Staatsanwaltschaft arbeitet mit ausländischen Ermittlungsbehörden zusammen, und hat die Erkenntnisse aus dem Strafverfahren über die internationalen Kanäle an die zuständigen Stellen weitergeleitet.

Die ausländischen Strafverfolgungsbehörden haben inzwischen eine Strafuntersuchung gegen den mutmasslichen Loverboy sowie einen Vermittler eröffnet.

Hauptangeklagte und Mitarbeiterinnen des Bordells

Die beiden ungarischen Rezeptionistinnen des Bordells im Alter von 36 und 45 Jahren, die unter anderem für Termin- und Dienstleistungsvereinbarungen im Betrieb zuständig waren, wurden bereits wegen mehrfacher Förderung der Prostitution in abgekürzten Verfahren angeklagt.

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Justitia-Statue. (Symbolbild) - AFP/Archiv

Das Bezirksgericht Baden hat die beiden Frauen im November und Dezember 2024 zu bedingten Freiheitsstrafen von 14 Monaten und 16 Monaten sowie Landesverweisen von fünf Jahren verurteilt. Die Urteile sind rechtskräftig.

Die Hauptangeklagte befindet sich in Haft

Die 60-jährige Hauptangeklagte aus Ungarn wird wegen mehrfachen qualifizierten Menschenhandels und mehrfacher Förderung der Prostitution von Minderjährigen angeklagt.

Die Kantonale Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von vier Jahren sowie eine 10-jährige Landesverweisung. Die Frau befindet sich nach wie vor in Haft.

Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung. Dies gilt sowohl für den angeklagten Freier als auch für die beschuldigte Bordellbetreiberin.

Menschenhandel ist oft unsichtbar

Die sexuelle Ausbeutung einer Minderjährigen stellt ein schwerwiegendes Verbrechen dar. Weitaus häufiger werden erwachsene Frauen Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung im Rotlichtmilieu.

Freier, welche die Dienstleistungen in diesem Umfeld in Anspruch nehmen, laufen stets Gefahr, illegale Umstände zu unterstützen und sich strafbar zu machen.

Dem Opfer geht es heute den Umständen entsprechend gut. Durch ihre aktive, wertvolle und mutige Mithilfe konnten die Untersuchungen der spezialisierten Kräfte von Polizei und Staatsanwaltschaft abgeschlossen werden.

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