Islam

Verfassung: Einst gegen Juden und Katholiken – jetzt gegen Islam

Thomas Gubler
Thomas Gubler

Basel,

Der Basler Staatskirchenrechtler Felix Hafner beleuchtet in seiner Abschiedsvorlesung das nicht immer spannungsfreie Verhältnis zwischen Staat und Religion.

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Staatskirchenrechtler Felix Hafner. - Universität Basel

Das Wichtigste in Kürze

  • Staatskirchenrechtler Felix Hafner hat seine Abschlussvorlesung an der Uni Basel gehalten.
  • Darin sprach der 67-Jährige über das meist gespannte Verhältnis von Staat und Religion.
  • Früher richtete sich die Verfassung oft gegen Katholiken und Juden – heute gegen den Islam.

Er war als Lehrer und Forscher ein unbestechlicher Geist. Er verteidigte die Rechte der Kirchen gegenüber dem Staat ebenso wie er die Landeskirchen in die Pflicht nahm, wenn sich etwa der Bischof von Basel im Fall Röschenz/Sabo über dem öffentlichen Recht stehend wähnte.

So kann nicht überraschen, dass der Basler Professor für Staatsrecht und Staatskirchenrecht, Felix Hafner, in seiner Abschiedsvorlesung in der Aula der Universität Basel seinem Thema treu bleibt: das längst nicht immer spannungsfreie Verhältnis zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften. Hafner ist 67 Jahre alt und seit Januar emeritiert.

Islam im Zaum halten

Unter dem Titel «Vom Jesuiten- zum Minarettbauverbot – 175 Jahre Bundesverfassungen mit religiösen Ausnahmebestimmungen» beleuchtet Hafner die konfessionellen Ausnahmeartikel in den bisherigen Bundesverfassungen und gelangt dabei zu bemerkenswerten Schlüssen: «Die schweizerischen Bundesverfassungen scheinen nicht ohne religiöse Ausnahmeartikel auszukommen», bilanziert Hafner.

Wobei sich ihm gleich eine wesentliche Präzision aufdrängt: Seien es früher die Katholiken und Israeliten gewesen, die der liberale Staat glaubte, im Zaum halten zu müssen, so sei es heute ausschliesslich der Islam.

Keine Priester in öffentlichen Ämtern

So wurde etwa in der Bundesverfassung von 1848, quasi der Gründungsakte des schweizerischen Bundesstaates, nur den Anhängern der christlichen Religionsgemeinschaften die Niederlassungsfreiheit gewährt, nicht aber den Juden. Der Jesuitenorden wurde verboten, und Leute geistlichen Standes, sprich katholische Priester, durften nicht in öffentliche Ämter gewählt werden.

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Die Bundesverfassung. (Archivbild) - keystone

Mit der Totalrevision der Bundesverfassung 1874 wurden die Ausnahmeartikel vor dem Hintergrund des Kulturkampfes – bedingt durch das Unfehlbarkeitsdogma des Ersten Vatikanischen Konzils – noch massiv erweitert. Das Jesuitenverbot wurde ausgedehnt, neue Bistümer durften fortan nur noch mit Genehmigung des Bundesrates errichtet werden, und aufgehobene Klöster durften nicht neu errichtet werden. 1893 wurde zudem ein Schächtverbot verhängt.

Und so sollte es lange Zeit bleiben. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurden die konfessionellen Ausnahmeartikel schrittweise aus der Verfassung gestrichen. 2001 fiel sodann mit dem Bistumsartikel die letzte diesbezügliche Verfassungsbestimmung – wobei das Schächtverbot ins Tierschutzgesetz transferiert wurde.

Sollten Staat und Religion noch mehr getrennt werden?

Allerdings wurde schon unter dem Regime der Ausnahmeartikel nicht alles so heiss gegessen, wie es gekocht worden war: Felix Hafner: «Religiöse Ausnahmebestimmungen wurden kaum konsequent durchgesetzt, stiessen ins Leere oder verloren mit der Zeit ihre Wirkung.» So sei etwa das Jesuitenverbot in Basel nie konsequent angewandt worden.

Eine «Lücke» von nur acht Jahren

Lange blieb jedoch die Verfassung nicht frei von religiösen Ausnahmeartikeln. Schon 2009 wurde von Volk und Ständen ein Minarettbauverbot gutgeheissen, und 2021 folgte das Gesichtsverhüllungsverbot; zwei Bestimmungen, die sich klar gegen die Angehörigen muslimischen Glaubens richten.

Felix Hafner wertet die Ausnahmeartikel als «Reaktion auf echte oder vermeintliche Konfliktlagen zwischen dem Staat und Glaubensgemeinschaften», die aber vor allem symbolische Funktion hätten – und bei deren Umsetzung auch die nötige Zurückhaltung geübt werde. So würden etwa Verstösse gegen das Gesichtsverhüllungsverbot «nur massvoll sanktioniert».

Grund dafür soll vor allem der Umstand sein, dass die Ausnahmeartikel im Widerspruch zu andern Verfassungsnormen wie der Religionsfreiheit oder dem Grundsatz der Gleichbehandlung und dem internationalen Recht stehen – und die Auflösung dieser Widersprüche gelingt nicht immer.

Hinweis: Dieser Artikel wurde zuerst im Basler Newsportal OnlineReports.ch publiziert. Per 1. Juli haben Alessandra Paone und Jan Amsler übernommen.

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Kommentare

User #5650 (nicht angemeldet)

Danke, mein Professor Hafner. Es war stets interessant bei Ihnen (studierte in den 90er Jahren).

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