Seftigen: Zonenplanänderungen zurückgewiesen
Die umstrittenen Zonenplanänderungen «Hohlenmatt» und Arbeitszone A4 «Pfandersmatt» stiessen an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung auf Widerstand.
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Der Gemeinderat muss nochmals über die Bücher. Dafür wurde das totalrevidierte Baureglement mit einigen Änderungen angenommen.
Die ausserordentliche Gemeindeversammlung vom Montagabend wurde von 228 Stimmberechtigten besucht, die Corona bedingt ausnahmsweise statt in der Aula in der grösseren RAIFFEISEN Arena Gürbetal durchgeführt wurde. Es war eine über-durchschnittliche Teilnehmerzahl, die aber angesichts der im Vorfeld kontrovers dis-kutierten Themen nicht überraschte. Denn es ging um nicht weniger als um die Total-revision des Baureglementes und zwei im Vorfeld umstrittene Zonenplanänderungen. Insgesamt gingen während der öffentlichen Auflagefrist 11 Einsprachen ein, davon wurden drei zurückgezogen, wie Gemeindepräsident Urs Indermühle orientierte.
Die Einsprachen richten sich einerseits gegen die geplante Einzonung von rund 2'500 m2 in der «Hohlenmatt», wo eine Ueberbauung mit vier Mehrfamilienhäusern realisiert werden soll, die Platz für 20 Wohnungen und eine Einstellhalle für 38 Motorfahrzeuge und 40 Velos bieten. Andererseits gingen Einsprachen gegen die Aufzonung in der Arbeitszone «Pfandersmatt» südlich der Bahnlinie ein. Denn dort sollten nach dem Willen des Gemeinderats die bestehenden Gebäude bis zu einer Höhe von 20 m aufgestockt werden können. Heute gilt eine maximale Gebäudehöhe von 10 m. Der Gemeinderat will dem ansässigen Gewerbe die Weiterentwicklung ihrer Betriebe ermöglichen, ohne dafür zusätzlichen Boden zu beanspruchen.
Rückweisung Zonenplanänderung «Hohlenmatt
An der Versammlung wurde kritisiert, dass die geplante Ueberbauung mit Flach-dachbauweise überambitioniert und wenig nachhaltig sei. Das urbane Bebauungs-konzept passe nicht ins Dorfbild und die Einzonung von Kulturland am Siedlungsrand sei nicht sinnvoll. Ferner wurde bemängelt, dass die An- und Bewohner zu wenig in die Planung einbezogen wurden. Ihre Vorschläge, die sie im Mitwirkungsverfahren eingebracht hätten, seien nicht berücksichtigt worden, so Karin Zimmermann und Patrick Freitag. Auch wurde der zu erwartende Mehrverkehr und das fehlende Trot-toir bis hinauf zur Hohlenmatt moniert.
Denn heute führt das Trottoir lediglich bis zur Einmündung «Rebzelg», ab dort bis hoch zur Hohlenmatt ist bloss eine Bodenmar-kierung vorhanden. Gemeindepräsident Urs Indermühle wies darauf hin, dass Ge-spräche mit den zuständigen Leuten vom Kant. Tiefbauamt laufen und der Gemein-derat sich für den Bau eines Trottoirs einsetze. Bezüglich der Kritik, die Ueberbauung passe nicht zum Quartierbild entgegnete er, dass die Kantonale Kommission zur Pflege der Orts- und Landschaftsbilder (OLK) sowie die kommunale Fachberatung die Ueberbauung als qualitätsvoll beurteilten. Trotzdem wies die Versammlung in geheimer Abstimmung das Einzonungsvorhaben mit deutlicher Mehrheit zur Ueber-arbeitung an den Gemeinderat zurück. Aufgrund der Rückmeldungen sollen maximal 2 Vollgeschosse gestattet sein und somit die maximalen Höhenmasse entsprechend redimensioniert werden.
Rückweisung 20 Meter in der Arbeitszone südlich der Bahnlinie
Ebenso viel zu diskutieren gab die vom Gemeinderat beantragte Aufzonung in der Arbeitszone A4 «Pfandersmatt» südlich der Bahnlinie. Der Gemeinderat schlug vor, dass dort die bestehenden Gebäudekomplexe von heute 10 auf maximal 20 Meter aufgestockt werden können. Gegen diese Absicht wehrten sich 126 Mitunterzeich-nende aus Burgistein und Seftigen sowie der Gemeinderat Burgistein mittels Ein-sprachen. An der Versammlung opponierten sie mit den Argumenten, dass eine Auf-stockung bis 20 Meter ein massiver Eingriff in die offene Landschaft des Gürbetals sei und zuerst die Erschliessung des Gebietes Pfandersmatt geklärt werden müsse.
Heute führt die Zufahrt zum südlich der Bahnlinie gelegene Gewerbegebiet über 70 Meter Gemeindestrasse Burgistein und das Bahnhofareal Burgistein der BLS. Des-halb sei zuerst mit dem Gemeinderat Burgistein und der BLS die Erschliessung des Gebietes «Pfandersmatt» nachhaltig zu klären, bevor weitere zonenplanerische Massnahmen beschlossen würden. Die Gegner der Zonenplanänderung führten zu-dem ins Feld, dass die Erhöhung der baupolizeilichen Höhenmasse auch eine Zu-nahme von Immissionen für die Anwohner der Gebiete Pfandersmatt, Allmend und Eymatt zur Folge hätten.
Gemeindepräsident Urs Indermühle orientierte, dass derzeit Verhandlungen mit der BLS für die Realisierung eines neuen Niveauübergangs vom Gewerbeweg hin zur Pfandersmatt im Gange sind. Ferner wies er darauf hin, dass die Gerber Champignons AG konkrete Pläne hat, den Produktionsbetrieb auszubauen und hierzu das bestehende Gebäude aufzustocken. Der Gewerbebetrieb biete rund 70 wertvolle Arbeitsplätze für Mitarbeitende aus den umliegenden Gemeinden an, die in Seftigen erhalten werden müssten, so Gemeindepräsident Urs Indermühle. Entsprechend sei eine kurzfristig realisierbare Lösung notwendig, ansonsten der Wegzug der Firma drohen könnte. Schliesslich hiess die Versammlung einen Rückweisungsantrag von Peter Mathys mit 92 gegen 68 Stimmen gut. Der Gemeinderat ist nun gefordert, mit der Nachbargemeinde Burgistein und der BLS erschliessungstechnische Lösungen zu finden.
Flachdächer neu gestattet
Das totalrevidierte Baureglement bietet verschiedene Möglichkeiten im Bereich der "inneren Verdichtung" und damit der besseren Nutzung des bereits verbauten Bo-dens. So passierte die Erhöhung der neuen maximal möglichen Gebäudehöhe von 10 Metern auf 14 Meter in der Arbeitszone Pfandersmatt und in der Sumpfmatt prob-lemlos. Zu reden gab die Bestimmung im Baureglement, wonach neu Flachdächer auch in den Wohnzonen gestattet sein sollen. Ein Antrag, auch künftig auf Flachdä-cher zu verzichten, scheiterte klar. Denn die grosse Mehrheit der Anwesenden woll-te, dass in der Wohnzone W1 anstelle des Giebeldaches der Aufbau eines zweiten Vollgeschosses ("Gabarit-Lösung") mit begrüntem Flachdach möglich ist. Zudem wird neu in den Wohnzonen W1 und W2 dank einer Mehrlänge von 6 Metern der Anbau von eingeschossig bewohnten Anbauten und damit eine substanzielle Erweite-rung der Wohnfläche im Erdgeschoss ("Schubladen-Lösung") möglich sein. Die Ver-sammlung stimmte auch einem Antrag von Leandro Manazza zu, ins Baureglement Bestimmungen aufzunehmen, wonach auch in der Arbeitszone Steildächer und ein Wohnanteil bis 50 Prozent der Nutzfläche zu gestatten ist. Gemeindepräsident Urs Indermühle und Ortsplaner Urs Fischer wiesen darauf hin, dass von Seite des kanto-nalen Amtes für Gemeinden und Raumordnung gemäss aktueller Auslegung von Arbeitszonen eine solche Lösung kaum genehmigungsfähig sein wird. Das neue Baureglement mitsamt allen Aenderungen fand in der Schlussabstimmung eine deut-liche Mehrheit. Das bereinigte Baureglement wird nun nochmals öffentlich aufgelegt und dann zur Genehmigung an den Kanton eingereicht.
Zonenplan 2 als neues Instrument
Diskussionslos passierte der grundeigentümerverbindliche Zonenplan 2. Dieser er-setzt den Plan der Schutzobjekte und den kommunalen Landschaftsrichtplan. Ge-meindepräsident Urs Indermühle informierte, dass gegenüber der öffentlichen Aufla-ge der Plan im Bereich Gewerbeweg-Eymatt ein Freihaltekorridor für einen allfälligen Doppelspurausbau der BLS eingefügt wurde.