Kanton Bern muss Abbau- und Deponiewesen besser kontrollieren
Nach einem Umweltskandal im Kandertal hat der Kanton Bern für seine Aufsicht über das Abbau- und Deponiewesen von der grossrätlichen Geschäftsprüfungskommission miserable Noten erhalten.
Das Wichtigste in Kürze
- Zu viele Akteure, unklare Kompetenzen, jeder sieht den anderen in der Verantwortung und niemand hat einen Gesamtüberblick, so das Fazit der Kommission in ihrem am Freitag publizierten Bericht.
Sie sieht «dringenden Handlungsbedarf», wie aus einer Mitteilung vom Freitag hervorgeht.
Aktiv wurde die Kommission, nachdem Medien 2020 über nicht regelkonforme Entsorgung von Materialien in einem Steinbruch bei Mitholz berichtet hatten. Es geht unter anderem um Bahnschotter aus dem nahen Lötschbergtunnel. Ausgeschwemmtes Material aus der Deponie soll für mehrere Fischsterben in der nahen Fischzuchtanlage am Blausee verantwortlich sein.
Dies jedenfalls behaupten die Besitzer um Swiss Economic Forum-Gründer Stefan Linder, Globetrotter-Chef André Lüthi und alt Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand so.
Die grossrätliche Geschäftsprüfungskommission untersuchte nun aber nicht die Gründe des Fischsterbens; dies ist Sache der Strafverfolgungsbehörden. Ein entsprechendes Verfahren dort ist hängig. Die GPK untersuchte vielmehr, welche Aufgaben und Kompetenzen der Kanton hat und ob er diese korrekt wahrgenommen hat.
Wenn über eine lange Zeit nicht regelkonformes Material deponiert werden kann und dies von der Kontrolle unentdeckt bleibt, so sei dies «nicht akzeptabel», stellt die GPK in ihrem Bericht fest.
Die GPK habe bei ihren Untersuchungen den Eindruck erhalten, dass jedes Kontrollorgan sich auf das andere verlässt, keines jedoch einen Gesamtüberblick besitzt, «geschweige denn eine Gesamtverantwortung wahrnimmt», heisst es in der Mitteilung der GPK.
Die grossrätliche Kommission hält denn Reformen für «zwingend notwendig». Kompetenzen, Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der verschiedenen Akteure sollen entflochten werden. Nach Auffassung der GPK braucht es zudem regelmässigere Kontrollen, wobei zwingend auch unangemeldete Kontrollen möglich sein sollten.
Der bernische Baudirektor Christoph Neuhaus (SVP) räumte am Freitag zwar Schnittstellenprobleme ein, betonte aber, dass die Kontrollen so durchgeführt würden, wie das Kantonsparlament dies 1998 beschlossen habe. Die Aufsicht im Kiesbereich hat der Kanton vor Jahren ausgelagert, grösstenteils an die Branche selber.
Neuhaus sieht aber nicht nur seine Direktion in der Verantwortung, sondern auch die Wirtschafts- und die Justizdirektion. Auch die Gemeinde Kandergrund habe es versäumt, eine Kiesgrubenkommission zu gründen.
«Wir werden das anschauen und prüfen, was wir machen», sagte Neuhaus am Freitag gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA zum Bericht der Geschäftsprüfungskommission.
Bereits 2016 hatte die GPK auf mangelnde Kontrolle und Aufsicht durch den Kanton im Kies- und Deponiewesen aufmerksam gemacht. Dass seither keine Reformen angestossen wurden, begründete Neuhaus am Freitag mit hängigen Verfahren vor der Wettbewerbskommission. Er wolle nicht reformieren und dann nach Vorliegen der Einschätzungen der Wettbewerbskommission schon wieder reformieren, sagte der Baudirektor.
Das Kies- und Deponiewesen sorgt im Kanton Bern seit Jahren für negative Schlagzeilen. So büsste etwa die Wettbewerbskommission 2019 ein Beton- und Kieskartell mit 22 Millionen Franken. Im selben Jahr leitete die Wettbewerbskommission (Weko) Untersuchungen gegen Belagswerke ein. Auch hier besteht der Verdacht auf ein Kartell.