Pharma-Industrie soll Entschädigungen im Thurgau mitbezahlen

Kanton Thurgau
Kanton Thurgau

Frauenfeld,

Wie der Kanton Thurgau schreibt, hat der Regierungsrat einen Entwurf für ein Gesetz über den Solidaritätsbeitrag für Betroffene von Medikamententests vorgelegt.

Medikamente Mancy
Medikamente (Symbolbild). - AFP/Archiv

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau hat den Entwurf für ein Gesetz über den Solidaritätsbeitrag für Betroffene von Medikamententests in eine externe Vernehmlassung gegeben.

Betroffene sollen 25'000 Franken erhalten. Die Pharmaindustrie soll sich finanziell beteiligen.

Am 19. April 2023 hat der Grosse Rat auf Antrag des Regierungsrats die Motion «Es bleibt keine Zeit – Finanzielle Wiedergutmachung für betroffene Menschen von Medikamententests in der psychiatrischen Klinik» erheblich erklärt.

Damit hat der Regierungsrat den Auftrag erhalten, innerhalb von zwei Jahren eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, damit Personen, die zwischen 1940 und 1980 von Medikamententests betroffen waren, eine finanzielle Wiedergutmachung erhalten.

Kanton Thurgau übernimmt Pionierrolle in der Schweiz

Der Kanton Thurgau übernimmt nach der historischen Aufarbeitung der Geschehnisse damit auch in der Frage der finanziellen Wiedergutmachung eine Pionierrolle in der Schweiz.

Der Regierungsrat hat umgehend einen entsprechenden Gesetzesentwurf ausgearbeitet. Dieser soll geeignete Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass betroffene Personen einen Solidaritätsbeitrag erhalten.

Zentral ist die Anerkennung und Wiedergutmachung des Leids, das die Betroffenen von Medikamententests erfahren haben.

Das Gesetz erfasst sachlich Medikamententests mit Psychopharmaka und gilt geografisch unter dem Aspekt der Gleichbehandlung für den ganzen Kanton Thurgau, inkludiert neben der Psychiatrischen Klinik Münsterlingen also auch die Klinik in Littenheid und die damaligen psychiatrischen Privatkliniken in Zihlschlacht.

Anspruchsberechtigt sind nur Direktbetroffene

Anspruchsberechtigt sind aufgrund der Art der Entschädigung im Sinne eines Solidaritätsbeitrages die Direktbetroffenen, nicht aber allfällige Erben.

Anspruchsvoraussetzung ist, dass in der Krankenakte, den Dokumenten im Nachlass Roland Kuhn oder von der Person selber eingereichten Akten Medikamententests mit Testpräparaten erwähnt werden.

Aufgrund der bis anhin bekannten Fälle aus der Klinik Münsterlingen schätzt das Staatsarchiv die Anzahl Gesuche auf maximal 500.

In Analogie zum Bundesgesetz über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 (AFZFG) ist ein Solidaritätsbeitrag von 25'000 Franken vorgesehen.

Verhandlungen mit der Pharma-Industrie wurden aufgenommen

Es sind demgemäss für bis zu 500 Fälle maximal 12,5 Millionen Franken bereitzustellen.

Da die Pharmaindustrie eine massgebliche Mitverantwortung trägt, erwartet der Kanton Thurgau eine Beteiligung im gleichen Umfang, wie sie der Kanton leistet.

Entsprechende Verhandlungen wurden aufgenommen. Beteiligt sich die Pharmaindustrie hälftig an den Kosten, wären vom Kanton 6,25 Millionen Franken zu tragen.

Sämtliche Unterlagen sind im Internet abrufbar

Für die Finanzierung der Solidaritätsbeiträge hat der Regierungsrat bereits die Gelder aus den Fonds «Billwiller'sches Legat» und «Brugger'scher Waisenfonds» reserviert. Das Fondsvermögen beträgt insgesamt 1,5 Millionen Franken.

In den ordentlichen Budgets ab 2025 wären damit insgesamt noch 5,1 Millionen Franken einzustellen.

Die Vernehmlassung dauert bis am 7. November 2023. Sämtliche Unterlagen sind im Internet abrufbar.

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