In seinem neuen Werk «Das Institut» nutzt Christian Haller die Romanform, um ein Stück Zeitgeschichte zu beleuchten.
Christian Haller
Christian Haller spricht als Gewinner des Buchpreises (für sein Werk Sich lichtende Nebel). - keystone
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Christian Haller kehrt mit dem Roman «Das Institut» zur längeren Prosaform zurück. Dies, nachdem er im letzten Jahr für die kurze Novelle «Sich lichtende Nebel» mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet worden war. Die Romanform nutzt der Autor, um ein Stück Zeitgeschichte zu beleuchten.

Die subtile Novelle «Sich lichtende Nebel» drehte sich um Fragen unserer Wahrnehmung. Haller erzählt darin, wie der junge Physiker Werner Heisenberg über die Exaktheit von Beobachtungen nachdenkt. Er kommt dabei zum Schluss, dass jede Erkenntnis objektiv unscharf bleibt, weil wir Beobachtende immer Teil der Beobachtung sind.

Was Heisenberg auf die Physik bezog, bearbeitet Christian Haller in seinem neuen Roman auf der menschlichen Ebene. Sein Protagonist Thyl Osterholz tritt am «Institut für Soziales» eine Aushilfsstelle an, um innert kurzer Zeit in eine leitende Position aufzusteigen. Was als Beweis für seine Fähigkeiten gelten könnte, ist auch einem Gerangel um Macht innerhalb des Instituts geschuldet.

Wie lassen sich dynamische Prozesse erkennen, von denen wir selbst Teil sind? Solche Fragen stellt das Institut regelmässig im Rahmen von Tagungen. Der Einfluss von Technik und Ökonomie auf die Gesellschaft ist eines der Kerngebiete, die Osterholz beschäftigen. Mehr und mehr berühren ihn diese Fragen auch persönlich.

Angesichts der strategischen Planspiele sieht er sich mit der eigenen Rolle am Institut konfrontiert. Christian Haller erzählt aus der Optik seines Protagonisten, wie dieser immer klarer erkennen muss, dass er selbst ein Mittel zum Zweck ist. Doch für wen? Sein naives Interesse an Sachfragen bekommt Risse und Osterholz muss sich entscheiden, ob er mitspielen oder kündigen will.

Der Roman erzählt breiter und anschaulicher als die preisgekrönte Novelle, deshalb geht ihm deren kunstfertige Kompaktheit ab. Der Autor taucht nochmals tief in eine Zeit ein, als er selbst im Migros-nahen Gottlieb Duttweiler-Institut in Rüschlikon arbeitete. Schon 2017 hat er im Roman «Das unaufhaltsame Fliessen» davon erzählt. Damals in den 1970er Jahren entfachte der Institutsleiter Hans A. Pestalozzi einen Wirbel, der öffentliche Debatten und einen Umbau des Instituts zur Folge hatte. In dem Sinn ist Hallers neuer Roman auch ein Schlüsselbuch, das mit literarischer Anschaulichkeit ein Stück Zeitgeschichte beleuchtet.*

*Dieser Text von Beat Mazenauer, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.

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