Übersetzungstools bereiten Westschweizer Journalisten Sorgen
Die zunehmende Nutzung von KI-Übersetzungstools in der Medienbranche sorgt für Unruhe.
Für die Medienbranche ist künstliche Intelligenz (KI) Chance und Herausforderung zugleich. Während in den Medienhäusern damit die Hoffnung auf Einsparungen verbunden ist, geht insbesondere unter Westschweizer Journalistinnen und Journalisten aufgrund des vermehrten Einsatzes von KI-basierten Übersetzungstools die Sorge vor dem Jobverlust um.
Mireille (richtiger Name der Redaktion bekannt) hat den Schock noch nicht verdaut. Die junge Journalistin hat für einen Schweizer Medienkonzern gearbeitet und war für eine in der Westschweiz erscheinende Publikation verantwortlich. Vor Kurzem wurde sie entlassen.
Ihre Artikel würden neu von deutschsprachigen Kollegen geschrieben und mit KI-Tools ins Französische übersetzt, lautete die Begründung zur Kündigung. Dank KI werde der Konzern künftig vermehrt auf Journalisten in der Romandie verzichten, berichtet die Journalistin weiter, die anonym bleiben möchte.
Qualität und Vielfalt gefährdet
«Dabei sind Themen, die die Menschen in der Westschweiz interessieren, nicht immer dieselben wie in der Deutschschweiz», sagt sie weiter. Die Qualität und die Vielfalt der Berichterstattung sei gefährdet, findet sie.
Ähnliches ist auch von Journalisten aus der Romandie zu hören, die für das auflagenstarke Migros-Magazin arbeiten. Seit der orange Riese die Umstrukturierung in Angriff genommen hat, sind für die französischen Ausgaben vermehrt Artikel aus dem Deutschen ins Französische übersetzt und den Vorschlägen der französischsprachigen Redaktion vorgezogen worden, wie die Nachrichtenagentur AWP erfuhr.
Die Sorge, dass durch den Einsatz eines auf KI basierenden Übersetzungstools die französischen Texte des Migros-Magazins «schlecht und fehlerhaft» sein könnten, weist ein Migros-Sprecher zurück. Da das Magazin nur einmal in der Woche erscheine, könne man die Texte gut auf Fehler überprüfen und überarbeiten.
Kontroverse Diskussionen
Der Sprecher weist zudem den Vorwurf aus der Redaktion zurück, dass ein Grossteil der in der Westschweiz veröffentlichten Artikel nur Übersetzungen sind. Zahlreiche Texte und Inhalte könnten schliesslich aufgrund der regional unterschiedlichen Interessen gar nicht eins zu eins ins Französische übersetzt werden, sagt er.
Die Frage, ob der Einsatz von KI zu Entlassungen führt, werde in der Medienbranche kontrovers diskutiert, hält Etienne Coquoz vom Journalistenverband «Impressum» fest. Noch habe er von keinen Entlassungen erfahren, für die KI als Grund angegeben worden seien. Da aber jeweils nur wenig über die Entlassungsgründe bekannt sei, sei dies nicht auszuschliessen.
Coquoz glaubt, dass nicht unbedingt die Jobs der Journalisten durch die technologischen Entwicklungen in Gefahr geraten, sondern eher andere Funktionen in den Medienhäusern, wie Übersetzungs- und Layout-Aufgaben.
Technologischer Wandel
Die Eidgenössische Medienkommission (EMEK) indes hat vergangenen November wichtige Folgen des technologischen Wandels für die Branche unter die Lupe genommen. Die EMEK hielt unter anderem fest, dass KI den Medienhäusern dabei hilft, Kosten einzusparen. Zudem könne die Fehlerquote gesenkt, die Sprachenvielfalt gefördert oder Daten besser genutzt werden.
Allerdings verwies die Kommission auch auf Gefahren hin wie auf Fakten- und Logikfehler, die in der KI-Berichterstattung entstehen können. Auch gehe in den Redaktionen Wissen verloren, sollten kompetente Medienschaffende im Zuge von Umstrukturierungen der Branche den Rücken kehren.