«Zeitpunkt der Prüfungen ist das Problem – nicht die Noten!»

Clarita Kunz
Clarita Kunz

Goldküste,

Schulnoten sorgen für Diskussionen. Es wäre unsinnig diese abzuschaffen, aber über die Zeitpunkte der Prüfungen sollte diskutiert werden. Ein Gastbeitrag.

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Clarita Kunz ist Pädagogin, Buchautorin und Nau.ch-Kolumnistin. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Immer wieder wird über die Notwendigkeit von Schulnoten diskutiert.
  • Die Noten sind nicht das Problem, aber die Bedingungen, unter welchen sie vergeben werden.
  • Ein Gastbeitrag der schulischen Heilpädagogin Clarita Kunz.

Lehrpersonen haben die Verantwortung dafür, dass die Lernziele erreicht werden und sind verpflichtet, Schülerinnen und Schülern Rückmeldungen zu ihrem Lernstand zu geben. Insbesondere in der Pflichtschulzeit ist dies für die bedeutenden Fächer Deutsch und Mathematik unabdingbar. Auch die Lernenden wollen wissen, wie gut sie ein Thema verstanden haben.

Prüfungen sind eine Möglichkeit, um herauszufinden, wo sie stehen. Es gibt Schulen, die Wortzeugnisse statt Noten erteilen, mit Bewertungen wie «besonders begabt», «begabt» oder «schwach begabt».

Wieder andere erteilen Ampelfarben statt Noten: Grün bedeutet: «Weiter so!», Orange: «Knapp ungenügend.» und Rot: «Ungenügend.» Ob Leistungstests mit Noten, Farben oder Wortzeugnisse bewertet werden, spielt keine Rolle.

Kindern und Jugendlichen Rückmeldungen zu ihren Leistungen zu geben, ist nichts Verwerfliches, sondern eine Notwendigkeit. 2019 hiess es in den Medien: «Lehrer stellen Noten infrage» oder: «Schweiz will Noten in den ersten sechs Schuljahren abschaffen.»

Unsinnig Noten abzuschaffen

Warum eigentlich ist die Benotung für viele Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrpersonen so sehr belastend und führt zu heftigen Diskussionen? Warum nehmen Rekurse gegen die Notenzeugnisse immer mehr zu, warum kommt es zu Betrügereien?

Das prominenteste Beispiel dafür ist jenes der US-Amerikanerin Felicity Huffman, die 15'000 Dollar Schmiergeld bezahlt hat, damit die Antworten ihrer Tochter beim landesweiten Einstufungstest SAT besser bewertet werden. Diskussionen, Rekurse und Betrügereien sind Ausdrücke von Hilflosigkeit und Empörung gegenüber der Tatsache, dass Kinder nicht ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert werden.

Sollen Noten nun abgeschafft werden? Das wäre unsinnig. Es ist unsinnig, Noten zu verteufeln, denn Noten sind nicht per se belastend, müssen kein Trauma sein. Wenn ein Schüler eine Prüfung schreibt, möchte er wissen, ob und wie er sie bestanden hat.

Wenn er 10 von 12 Aufgaben richtig löst, entspricht das einer Bewertung und es macht keinen Unterschied, ob ihm die Lehrperson oder das digitale Lernprogramm anstatt «10 richtig» eine «5» erteilen.

Glauben Sie, dass Noten abgeschafft werden sollten?

Das Problem sind nicht die Noten. Das Problem ist, unter welchen Bedingungen Noten vergeben werden: Wenn die Lehrperson der ganzen Klasse das Thema und den Zeitpunkt vorgibt, zu dem eine bestimmte Prüfung stattfindet, schaden Bewertungen den allermeisten Schülerinnen und Schülern!

Denn: Zu viele Kinder sind noch gar nicht bereit für diese Prüfung, während etwa ein Drittel der Klasse schon für die nächste Prüfung bereit ist.

Noten und andere standardisierte Bewertungen, die unter solchen Bedingungen zustande kommen, demotivieren und sagen zudem nur einen Bruchteil aus darüber, was die einzelnen Schüler tatsächlich zu leisten vermögen! Sie zeigen hauptsächlich, wie die Leistungen der einzelnen Schüler dastehen im Vergleich zu den Leistungen der anderen.

Wettbewerb kann Gleichaltrige anregen. Übermässiger Wettbewerb demotiviert! Deshalb sollten Lernende in den wichtigen Selektionsfächern Deutsch und Mathematik selbst bestimmen dürfen, wann sie zu welchem Thema eine Prüfung schreiben wollen.

Zur Autorin: Clarita Kunz ist schulische Heilpädagogin an der Mittelstufe, Autorin, Inhaberin eines Montessori Kindergartens und Mitinitiantin des Manifests «Für eine gelingende Inklusion und mehr Chancengerechtigkeit».

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Kommentare

User #1040 (nicht angemeldet)

Dieser Artikel ist ein Aufsteller. Schauen sie bitte "Bratsch, ein Dorf macht Schule". So sollen Kinder lernen und sich entfalten. Unser Sohn war ein kreativer Träumer und die Schule nach unserem Leistungsmodell war für ihn kein Ort der Lernfreude. Er ist ein Systemverweigerer geworden. Nach der Schule hat er seinen Unterhalt selber bestritten, hat sich autodidaktisch ein enormes und breites Wissen angeeignet, ist seinen Interessen nachgegangen. Er hat sicher keinen Konzernchef-Lohn. Dafür lebt nach seiner eigenen Ethik und moralischen Grundsätzen. Ich respektiere und bewundere ihn.

User #1136 (nicht angemeldet)

Es geht nur darum, dass die Unterforderungen aufhören und darum, dass ALLE nicht nur 75 Prozent (!) die Mindestlernziele erreichen.

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