Chlauschlöpfe – die Tradition aus dem Bezirk Lenzburg
Mit teils über vier Meter langen Geisseln werden beim Chlauschlöpfe laute Knalle erzeugt. Aufgrund Corona wird der Brauch dieses Jahr etwas anders zelebriert.
Eine Sage erzählt, dass vor vielen hundert Jahren der Samichlaus in seiner Wohnung am Goffersberg in Lenzburg wohnte. Jedes Jahr am zweiten Donnerstag im Dezember stieg er über eine Treppe hinab in die Stadt.
Einmal streuten ihm böse Buben getrocknete Erbsen auf die Treppenstufen. Er glitt aus und purzelte hinunter. Erbost verschwand er wieder im Berg und schmetterte die Türe so stark zu, dass ein Erdrutsch den Eingang verschüttete.
Seither zeigte sich der Samichlaus nicht mehr in der Stadt. Durch lautes Klöpfen mit den langen Geisseln versuchten die Buben, den schlafenden Samichlaus wieder zu wecken. Dadurch soll dieser dann am Klausmarkt vorbeischauen.
Der Brauch des Chlauschlöpfens stammt aus dem Bezirk Lenzburg. Nebst der Stadt beteiligen sich 16 weitere Gemeinden an der jährlich im November und Dezember stattfindenden Tradition.
Handwerk droht auszusterben
Das Chlauschlöpfen ist ein vorweihnachtlicher Brauch. An einem Holzstiel wird ein Seil – früher aus Hanf, heute aus Flachs – angebracht. Die sogenannte Geissel wird geschwungen und es werden laute Knalle erzeugt.
Heute gibt es nur noch zwei Geissel-Hersteller – einer im Bezirk Lenzburg, der andere im Kanton Luzern. «Leider ist das Handwerk am Aussterben. Ist dies der Fall, stirbt auch die Tradition – das ist das grösste Problem», sagt Manuel (Doël) Silva.
Der 47-Jährige ist Verantwortlicher des Chlauschlöpfens in der Stadt Lenzburg. Bereits als kleiner Bub begann Manuel Silva mit der Tradition.
Die Lenzburger Geisseln unterscheiden sich dabei von den Luzernischen. Auch wird der Brauch von Gemeinde zu Gemeinde etwas anders ausgeführt. Jede Gemeinde hat ihr eigenes Reglement, da auch das Thema Ruhestörung berücksichtigt werden muss. Erzeugen die Geisseln doch einen Überschallknall mit gut 120 Dezibel.
Chlauschlöpfer geben Tradition weiter
Die Lenzburger Chlauschlöpfer haben vor zwei Jahren einen Ausschuss gegründet und stehen unter dem Patronat der Ortsbürger. «Wir sind auf Sponsoren angewiesen. Die Ortsbürger sind unsere grössten Unterstützer», sagt Silva. In anderen Gemeinden des Bezirks wurden eigene Vereine gegründet.
Auch wenn das Handwerk auszusterben droht, es wird versucht, das Chlauschlöpfe als Tradition zu erhalten. Seit einigen Jahren werden dafür an den Schulen Workshops durchgeführt.
Wettkampf im Chlauschlöpfe
Jedes Jahr findet am zweiten Donnerstag im Dezember der traditionelle Lenzburger Chlausmärt statt. Am Sonntag vor dem Markt findet der Klausklöpfwettbewerb statt. In vier Alterskategorien werden dabei die Besten aus ihrem Kreis erkoren.
Beim Wettkampf wird auf vieles geachtet: Wie präsentiert sich der Chlöpfer und wie trägt dieser die Geissel? Wie wird die Geissel ausgeschwungen? Ist der Knall gleichmässig?
Die besten Chlöpfer aus jeder Kategorie qualifizieren sich für den regionalen Wettbewerb. Dieser wird am Sonntag nach dem Chlausmarkt in einer Gemeinde der Region durchgeführt.
Corona führt zu Onlinewettbewerb
Die Corona-Situation sorgt auch den Chlauschlöpfern für ein spezielles Jahr. In diesem Jahr gibt es weder Workshop noch Wettkampf. «Der Aufwand und die Kosten, um die Sicherheitsmassnahmen einzuhalten, wären einfach zu gross.»
Ganz soll auf das Chlauschlöpfe aber dann doch nicht verzichtet werden: Es sollen spontane Chlöpfete an verschiedenen Orten stattfinden. Zudem ist ein Onlinewettbewerb geplant. Es können kreative Videos vom Chlöpfe eingeschickt werden. Diese werden online präsentiert und am Ende gibt es einen Gewinner.
Derzeit führt Manuela Silva das Chlauschlöpfe Lenzburg im Co-Präsidium. Fliessend wird sein Nachfolger in das Amt eingeführt. Ein Ziel hat Manuel Silva noch vor Augen: «Das Chlöpfen wird auch in anderen Ländern ausgeübt. Mein Ziel ist es, etwa 2025 eine Weltmeisterschaft in Lenzburg durchzuführen.»
Zur Person
Manuel (Doël) Silva lebt mit seiner Frau sowie den drei Töchtern in Lenzburg. Der 47-jährige Polizist widmet sich nebst dem Chlauschlöpfe gerne weiteren Traditionen und dem Vereinsleben (Freischarenmanöver, TV Lenzburg). Für verschiedene Anlässe ist er jeweils im Organisationskomitee tätig.