Steinzeitwerkstatt Boniswil: Eine Reise in die Urzeit
Max Zurbuchen ist Archäologe und Prähistoriker. «Die Archäologie der Urgeschichte ist meine Berufung. Ich mache das, was ich schon als Kind machen wollte», sagt der 77-jährige Max Zurbuchen. Der Archäologe und Prähistoriker war viele Jahre im In- und Ausland als Experte bei Grabungen dabei und hat zahlreiche Museen konzipiert und eingerichtet. So unter anderem die Urgeschichtswerkstatt des 1985 eröffneten Museums Burghalde in Lenzburg.
Seit bald 50 Jahren leitet er nun schon die Steinzeitwerkstatt im Seetal. Max Zurbuchen hat diese 1972 von Reinhold Bosch übernommen. Immer am ersten Sonntag des Monats sind die Türen für die Öffentlichkeit geöffnet.
Unter der Woche empfängt der Prähistoriker zahlreiche Schulklassen aus der ganzen Schweiz. Er erzählt ihnen über das Leben in der Steinzeit, führt vor, wie die Pfahlbauer Feuer gemacht haben und zeigt ihnen die Werkzeuge, welche er allesamt selbst nachgestellt hat. Unter Zurbuchens Anleitung können die Kinder auch selbst arbeiten.
Feuersteine, Messer, Harpunen und mehr
«Die Steinzeitwerkstatt Boniswil ist europaweit die einzige ihrer Art», sagt Max Zurbuchen stolz. Rohmaterialien zur Herstellung, Nachbildungen und Original-Sammelstücke der Steinzeit finden sich hier. Vieles davon hat Max Zurbuchen selbst entdeckt oder hergestellt.
So befindet sich Europas grösste Feuersteinplatte in der Steinzeitwerkstatt. Das 220 Kilogramm schwere Objekt hat Zurbuchen bei einer Grabung in den Niederlanden gefunden.
Vor sieben Jahren wurde die Werkstatt von Seengen nach Boniswil verlegt, dies, weil die Räume in Seengen zu klein waren. Auf zwei Etagen tauchen die Besucher in die Welt der Urgeschichte ein. Im Erdgeschoss der Steinzeitwerkstatt findet der informative, geschichtliche Teil statt, während sich im 1. Stock die Ausstellung befindet.
Pfahlbauhaus wird 2021 neu gebaut
Zur Steinzeitwerkstatt Boniswil gehört auch ein Pfahlbauhaus in Seengen. Dieses wird noch in diesem Jahr abgerissen. «Das Haus wurde 1989 errichtet und schon mehrfach renoviert. Nun sinkt es aber immer mehr ab und es kann nicht mehr gehalten werden», sagt Zurbuchen. Nach dem Rückbau soll im kommenden Jahr ein neues Pfahlbauhaus an selber Stelle errichtet werden.
Der Wandel der Zeit
Über die Jahre habe sich vieles verändert; Zurbuchen könnte ein Buch darüber schreiben. «Was Führungen von Schulklassen betrifft, liegen Welten zwischen früher und heute», sagt er. Besonders die Wahrnehmung der Kinder habe sich geändert.
«Bei der Schulreise nehmen diese die Natur kaum noch wahr. Früher wussten die Kinder noch, was aus welchem Holz hergestellt wird und sie kannten die unterschiedlichen Bäume. Heute ist das anders. Da können die Kinder aber nichts dafür. Das ist der Wandel der Zeit», sagt der 77-Jährige.
Erst Anfang des Jahres hatte Max Zurbuchen ein Erlebnis, das für ihn kaum zu glauben war. «Eine Schülerin wollte draussen ihr Handy holen, um Fotos zu machen. Sie wusste nicht, wie sie die Tür öffnen kann und als ich ihr sagte, dass sie nur die Türfalle nach unten drücken müsse, fragte sie mich, was eine Türfalle sei.» Die Lehrerin erklärte Zurbuchen dann, dass das Mädchen zu Hause im 17. Stock wohne und ein privater Lift sie direkt in die Wohnung bringe. «Vieles ist heute mit automatischen Türen ausgestattet. Dass Kinder nun nicht mal mehr wissen, was eine Türfalle ist, das ist doch irgendwie tragisch», sagt Zurbuchen ungläubig.
Förderverein gegründet
Im Jahr 2014 wurde der Förderverein Steinzweitwerkstatt Boniswil gegründet, welcher heute rund 100 Mitglieder zählt. Der Verein bezweckt nicht nur den Erhalt und Fortbestand der Institution, sondern auch die Beschaffung finanzieller Mittel, um den Zweck erfüllen zu können. Die Mitglieder geniessen zudem freien Eintritt in die Steinzeitwerkstatt und werden zu vereinsinternen Anlässen eingeladen.
Nach Corona wieder offen
Während der Lockdowns durfte auch die Werkstatt ihre Türen nicht öffnen. An die zehn Schulklassen stornierten ihren Ausflug nach Boniswil. Einnahmen, die fehlen. Max Zurbuchen: «Ich habe ein Gesuch für Entschädigung eingereicht. Da die Werkstatt unter Kultur läuft, wurde dieses abgelehnt.»
Seit Juli kann die Werkstatt aber wieder besucht werden – jeden ersten Sonntag im Monat von 13.30 bis 16 Uhr freut sich Max Zurbuchen, den Besuchern die Urzeit näherzubringen.