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Arbeitgeberverband Region Basel: Mindestlohn gefährdet Jobs

Thierry Ehrsam
Thierry Ehrsam

Liestal,

Die Mindestlohn-Initiative der Unia verlangt 22 Franken pro Stunde in Baselland. Diese Forderung ist laut Saskia Schenker (Arbeitgeberverband) zweckwidrig.

Saskia Schenker Arbeitgeberverband
Saskia Schenker, Direktorin des Arbeitgeberverbands Region Basel. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Initiative der Unia fordert einen Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde im Baselbiet.
  • Der Arbeitgeberverband Region Basel ist damit gar nicht einverstanden.

Die Mindestlohn-Initiative der Unia fordert für den Kanton Baselland einen gesetzlich geregelten Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde.

Direkt betroffen davon wären laut Unia 4 % der Bevölkerung, was ca. 12'000 Personen entspricht. Für Sie würde die Annahme eine Lohnerhöhung bedeuten.

Laut Unia profitieren davon auch die restlichen Einwohnenden von Baselland, da dadurch die Sozialhilfeleistungen entlastet würden. Für den Arbeitgeberverband haben sich allerdings genau diese bewährt. Ausserdem ist die Lösung für den Arbeitgeberverband unfair und kontraproduktiv.

In einer Interviewreihe will Nau.ch beide Seiten zu Wort kommen lassen. Den Start macht Saskia Schenker, Direktorin Arbeitgeberverband Region Basel. Sie gibt uns einen Einblick, wieso ein kantonaler Mindestlohn aus ihrer Sicht keinen Sinn ergibt.

Nau.ch: Was halten sie von einem kantonal geregelten Mindestlohn für das Baselbiet?

Saskia Schenker: Wir lehnen seitens Arbeitgeberverband Region Basel staatliche und somit von der Politik vorgegebene Mindestlöhne ab.

Die Gewerkschaften versuchen mit der Initiative, eine wichtige Errungenschaft der Schweiz, die Sozialpartnerschaft, auf die politische Ebene zu ziehen. Damit wird die Sozialpartnerschaft geschwächt.

Mit einem kantonalen Mindestlohn wird ein Element eines austarierten Systems, dem Gesamtarbeitsvertrag, herausgelöst und politisch bestimmt, statt in den Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern der einzelnen Branchen oder Firmen.

Dabei wird vergessen, dass in die Anstellungsbedingungen ganz viele verschiedene Faktoren miteinbezogen werden: Ausbildung, Berufserfahrung, Arbeitszeiten, Jahresarbeitszeit, saisonale Schwankungen, zusätzliche arbeitsfreie Tage, Sozialversicherung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Ferienansprüche, bei Branchen mit körperlich schwerer Arbeit geht es auch um frühzeitige Pensionierung.

Der Lohn ist ein Teil eines Gleichgewichts all dieser Faktoren. Schlussendlich werden all diese Faktoren stark beeinflusst durch die Wertschöpfungskraft einer Branche.

Es können nur die Löhne bezahlt und die Anzahl Ferientage und so weiter gegeben werden, welche die Wertschöpfungskraft zulässt. Gerät es aus dem Gleichgewicht, wird es diese meist niederschwelligen Jobs einfach nicht mehr geben.

Nau.ch: Wird ein Mindestlohn Ihrer Meinung nach für Entlastung bei besonders einkommensschwachen Haushalten sorgen?

Saskia Schenker: Nein, im Gegenteil. Ein politisch festgelegter kantonaler Mindestlohn gefährdet Jobs gerade für diese Zielgruppe.

Das zeigen auch erste Ergebnisse aus dem Kanton Basel-Stadt einer Mitte Juni veröffentlichten Studie von Professorin Conny Wunsch vom Wirtschaftswissenschaftlichen Zentrum (WWZ) der Universität Basel.

Sie untersuchte in einer schweizweiten Befragung die Mindestlohnbetroffenheit der Betriebe sowie die kurzfristigen Auswirkungen ein halbes Jahr nach Einführung des Mindestlohns in Basel-Stadt.

Die Studie zeigt, dass «die befragten Unternehmen in den ersten sechs Monaten nach eigenen Angaben am häufigsten drei Massnahmen ergriffen haben:

Erstens haben sie die Preise erhöht und somit zumindest einen Teil der höheren Lohnkosten auf ihre Kunden abgewälzt. Zweitens sind die Betriebe zurückhaltend bei der Einstellung von Personal und der Wiederbesetzung von Stellen. Drittens wurden Investitionen zurückgestellt oder reduziert.

Werden diese nicht rechtzeitig nachgeholt, kann dies längerfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und somit auch Arbeitsplätze gefährden.

Zusätzlich zeigt sich, dass Basler Betriebe häufiger Arbeitsplätze in andere Kantone verlegt haben als die Vergleichsgruppe. Ausserdem wurden mehr Prozessoptimierungen vorgenommen, mit denen Personal eingespart werden kann».

Nau.ch: Welche Personengruppe würde dies am härtesten treffen?

Saskia Schenker: Es zeigt sich, dass gerade diejenigen Menschen unter einem kantonalen Mindestlohn leiden, die es besonders schwer haben, in den Arbeitsmarkt einzutreten: Menschen ohne entsprechende Ausbildung, die niederschwellige Jobs suchen, Hilfskräfte, WiedereinsteigerInnen, Studenten, Personen mit Migrationshintergrund.

Denn wenn solche Stellen nicht mehr geschafft respektive in andere Kantone verlegt werden, wird es für diese Zielgruppen schwieriger, überhaupt in den Arbeitsmarkt einzutreten und sich dann innerhalb des Arbeitsmarkts weiterzuentwickeln.

Professorin Conny Wunsch bringt es in ihrem Blog auf den Punkt: «Regionale Mindestlöhne bedrohen somit vor allem die Existenz der kleineren Unternehmen in Niedriglohnbranchen und die Arbeitsplätze derjenigen, die sie beschäftigen.»

Sind Sie für einen gesetzlich geregelten Mindestlohn?

Nau.ch: Ist es angesichts der steigenden Lebenskosten vertretbar, jemanden unter dem geforderten Stundensatz von 22 Franken anzustellen?

Saskia Schenker: Ja, denn es kommt schlichtweg auf die Lebenssituation darauf an. Niedriglohn-Jobs haben oft zum Beispiel Menschen ohne Ausbildung, die dank solchen Jobs die Möglichkeit haben, in den Arbeitsmarkt einzusteigen und mit der Zeit mehr zu verdienen.

Das ist sicher sinnvoller, als dass jemand gar nicht in den Arbeitsmarkt eintreten kann. Weiter handelt es sich auch oft um Studentenjobs oder allgemein um Zusatzverdienste.

Wir möchten, dass Jobs für alle Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen vorhanden sind, auch für Menschen, die keine Ausbildung haben oder die es allgemein schwer haben, in den Arbeitsmarkt einzutreten.

Wird in der Region und in der Schweiz die Schraube immer mehr angezogen, fallen jene, die die Gewerkschaften angeblich schützen möchten, ganz aus dem Arbeitsleben heraus und sind dann vollständig auf Sozialhilfe und sonstige Hilfe angewiesen.

Nau.ch: In den letzten Jahren wurden in mehreren Kantonen und Städten ein Mindestlohn eingeführt. Wie ordnen Sie diesen Trend ein?

Saskia Schenker: Ich bedaure diesen Trend, der durch die Gewerkschaften vorangetrieben wird, obwohl sie damit die Sozialpartnerschaft übersteuern und schwächen.

Gleichzeitig führt die Entwicklung schweizweit zu einem unübersichtlichen «Mindestlohn-Chaos», weil die kantonalen Mindestlöhne in diversen Punkten völlig unterschiedlich ausgestaltet sind.

Dies nicht nur, was die Höhe angeht, sondern auch bei den Geltungsbereichen und den Ausnahmen. Das ist eine grosse Herausforderung für interkantonal tätige Unternehmen der betroffenen Branchen und geht mit entsprechend bürokratischem Aufwand einher.

Nau.ch: Die letzten beiden Vorstösse zum Thema wurden abgelehnt. Welche Erfolgschance räumen Sie der Initiative ein?

Saskia Schenker: Wir hoffen, dass die Initiative sowohl von Parlament als auch vom Baselbieter Stimmvolk klar abgelehnt wird.

Zur Person

Saskia Schenker (43) ist seit 2021 Direktorin des Arbeitgeberverbands Region Basel und seit 2015 Landrätin der FDP im Baselbieter Parlament.

Kommentare

User #2165 (nicht angemeldet)

Grundsätzlich sollten unsere Landräte auch nur maximal 22.- für ihre 'Dienste' am Volk erhalten.

User #1725 (nicht angemeldet)

finde ich ja immer lustig, dass genau die sich gegen den mindestlohn aussprechen, die gut verdienen und für den durchgesetzten mindestlohn gar nicht erst aus dem bett aufstehen würden...eigentlich ist es ziemlich einfach: wieviel würden SIE mindestens wollen, dass Sie verdienen? DAS ist ab jetzt der Mindestlohn...oder Sie empfinden dass nicht als Widerspruch und dass das Sie unglaubwürdig macht, dass Sie selber ja NIEMALS für den mindestlohn arbeiten würden?

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