Im Kanton St. Gallen sind Elternschaftsbeiträge zu wenig bekannt

Arme Familien haben im Kanton St. Gallen nach der Geburt eines Kindes für sechs Monate das Anrecht auf Elternschaftsbeiträge. Der Anspruch sei zu wenig bekannt und es gebe Interessenskonflikte, heisst es nun in einem Vorstoss.

Eltern
Eltern mit Kindern. - dpa

Mit Elternschaftsbeiträgen könnten Familien, die unter Armut leiden, die Anfangszeit nach der Geburt eines Kindes überbrücken, heisst es im Vorstoss von Mitte-Kantonsrat Thomas Warzinek. In dieser Zeit gebe es oft Mehrkosten, weil ein Elternteil nicht oder weniger arbeiten könne.

Von sozialen Institutionen wie der Caritas oder der Mütter- und Väterberatung sei nun aber zu hören, dass die Familien nicht ausreichend auf die Unterstützungsmöglichkeit hingewiesen würden. Die Zahl der bewilligten Dossiers nehme über die Jahre hinweg ab und es gebe erhebliche regionale Unterschiede. Die Wohngemeinden seien aber gesetzlich dazu verpflichtet, diese Beiträge auszurichten.

Bei der Information ortet Warzinek «einen gewissen Interessenskonflikt». Wegen der Kosten und des Aufwands sei es «verständlich, wenn es den Gemeinden kein grosses Anliegen wäre, auf die Elternschaftsbeiträge hinzuweisen». Deshalb solle geprüft werden, ob nicht alle Anspruchsberechtigten automatisch informiert werden könnten.

In ihrer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme verweist die Regierung auf die Bedingungen für die Elternschaftsbeiträge: Die Ausschüttung sei heute daran gebunden, «dass sich eine Person vollumfänglich der Kinderbetreuung widmet». Dadurch würden etwa Working-Poor Familien benachteiligt, bei denen beide Elternteile arbeiten müssten wie auch Familien mit Elternteilen in Ausbildung.

Konkret wurden 2020 im Kanton St. Gallen 92 Anträge für Elternschaftsbeiträge bewilligt. 2019 waren es 101 Gesuche gewesen und im Jahr zuvor 108. 2020 wurden insgesamt 320'434 Franken ausbezahlt, 2018 waren es 742'137 Franken gewesen. Die Abnahme habe auch mit einer Änderung des Sozialhilfegesetzes zu tun, wird in der Antwort relativiert.

Für die Regierung ist es «nicht problematisch», dass die Gemeinden über Beiträge informieren, die sie selber ausrichten müssen. Es bestehe ein klarer Nutzen: Mit Elternschaftsbeiträgen könne verhindert werden, dass Familien nach der Geburt eines Kindes in Armut abglitten und von der Sozialhilfe unterstützt werden müssten.

Die Regierung hat allerdings auch festgestellt, dass mittlere und kleinere Gemeinden eine prozentual tiefere Anzahl an bewilligten Dossiers aufwiesen, als Städte mit mehr als 10'000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Deshalb sei nun als Vollzugshilfe die Veröffentlichung der Broschüre «Praxishilfe zur Ausrichtung von Elternschaftsbeiträgen» in Vorbereitung. Zum gleichen Thema ist auch eine Weiterbildung geplant.

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