St. Galler Kantonsrat: Eid und Gelübde sollen gleichgestellt werden
Am Montagnachmittag, kurz nach Beginn der Septembersession, wurde Adrian Gmür (Die Mitte) als neuer Kantonsrat vereidigt. Das Ritual ging so: Gmür wurde im improvisierten Ratssaal in der Olma-Halle vor das Präsidium und die Regierungsbank gebeten. Alle Anwesenden standen auf.
Die für den Kantonsrat geltende Eidesformel wurde vorgelesen. Sie lautet: «Ihr werdet geloben und schwören, die Pflichten, welche Euch Euer Amt auferlegt, mit aller Gewissenhaftigkeit und Treue, ohne Ansehen der Person zu erfüllen, überhaupt die öffentliche Wohlfahrt nach Euern Kräften zu fördern, so, wie Ihr es vor Gott und Eurem Gewissen verantworten möget.»
Danach war die Reihe an Gmür. Er hob die drei Schwurfinger und sprach den Pflichteid nach, der ihm vorgesagt wurde: «Was mir vorgelesen wurde, schwöre ich zu tun und zu halten, so wahr mir Gott helfe». Damit war er offiziell in den Rat aufgenommen. Das Parlament applaudierte und wandte sich den Tagesgeschäften zu.
Am Montagnachmittag waren aber vier neue Mitglieder ins Parlament aufgenommen worden - nicht nur Gmür. Die anderen hatten statt des Eides ein schriftliches Gelübde - mehr oder weniger die Eidesformel ohne Gottesbezug - unterzeichnet. Sie wurden am Montag gebeten, kurz aufzustehen, um sich so ihren neuen Kolleginnen und Kollegen vorzustellen.
Alle St. Galler Parlamentarier müssen sich für eine der beiden Varianten entscheiden. Im Geschäftsreglement des Kantonsrats heisst es nämlich: «Wer weder Eid noch Gelübde leistet, darf an den Verhandlungen nicht teilnehmen».
Mit einer Motion aus der Septembersession wollen nun die drei neuen Parlamentsmitglieder, die sich für das Gelübde entschieden, den traditionellen Ablauf ändern. Die Wahl der Vereidigungsform sei ein persönlicher Entscheid, schreiben Andrea Abderhalden-Hämmerli und Oskar Seger von der FDP sowie Daniel Bossard von den Grünen. Dies sei zu respektieren.
Die beiden Varianten würden im Kanton St. Gallen aber ungleich behandelt. Dies sei nicht nachvollziehbar und auch nicht mehr zeitgemäss. Während der Pflichteid ein feierlicher Akt sei, erfolge das Gelübde lediglich schriftlich und der Rat werde darüber informiert.
Anders sei dies beispielsweise im Bundesparlament. Dort werde sowohl der Eid als auch das Gelübde mündlich abgelegt. Die drei Ratsmitglieder fordern nun das Präsidium auf, das Reglement so anzupassen, dass die Ungleichbehandlung aufgehoben wird. Der Vorstoss wird in einer der kommenden Sessionen behandelt.