Umkleidezeit ist Arbeitszeit: Keine Praxis in St. Galler Spitälern
In der Antwort auf einen Vorstoss hat die St. Galler Regierung die Praxis in Spitälern verteidigt, dem Personal die Umkleidezeit nicht als Arbeitszeit anzurechnen
In der Antwort auf einen Vorstoss hat die St. Galler Regierung die Praxis in Spitälern verteidigt, dem Personal die Umkleidezeit nicht als Arbeitszeit anzurechnen. Der VPOD Ostschweiz verweist auf das Arbeitsgesetz und erwägt den Gang vor Gericht. Im Februar hatte die Gewerkschaft VPOD Ostschweiz kritisiert, dass die St. Galler Spitäler trotz gesetzlicher Vorgaben nicht bereit seien, dem Personal die Zeit für das Umkleiden vor und nach der Arbeit zu entlöhnen. Betroffen seien neben dem Pflegepersonal weitere Mitarbeitende, die mit Spitalpatienten in Kontakt stehen. Dazu gehören etwa Physio- und Ergotherapeuten, Ärztinnen und Ärzte sowie Mitarbeitende von Hotellerie, Putzdienst und der Patientenbegleitdienst.
Nicht gelebte Praxis
Zum gleichen Thema hatte ebenfalls im letzten Februar SP-Kantonsrätin Monika Simmler eine einfache Anfrage eingereicht. Vor kurzem wurde dazu die Antwort der St. Galler Regierung veröffentlicht. Diese räumt in ihrer Stellungnahme zwar ein, dass nach dem Arbeitsgesetz Umkleidezeit «grundsätzlich als Arbeitszeit» anzurechnen sei. «Dies entspricht aber in den meisten Spitälern nicht der gelebten Praxis», so die Regierung. Die Spitäler zeigten sich bei weiteren Regelungen in der Regel sehr kulant: Eine Anrechnung von Umkleidezeit als zusätzliche Arbeitszeit könnte sie wegen des hohen finanziellen Aufwands zwingen, «eine rigide Zeiterfassung durchzusetzen und auch die Einhaltung der Pausen minutengenau zu kontrollieren». Dies wäre nicht im Sinne der Beteiligten und laufe der eingespielten Betriebskultur entgegen, heisst es in der Antwort. Die Regierung verweist auch auf eine Stellungnahme der Ostschweizer Sektion des Schweizer Berufsverbands der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK). Darin werde zum Thema Umkleidezeit festgehalten, dass kurzfristige Aktionen und isolierte Forderungen der Gewerkschaften «den sozialpartnerschaftlichen Dialog stören könnten». Man solle sich laut SBK am runden Tisch einigen.
Arbeitsrechte nicht verhandelbar
Auf die Stellungnahme der Regierung hat der VPOD am Mittwoch mit einem Communiqué reagiert. Darin heisst es, die Ausführungen seien in Anbetracht der Verbindlichkeit der Gesetzgebung «erstaunlich». Die Regierung gebe offen zu, sich über die Bestimmungen des Arbeitsrechts hinwegzusetzen. Die gesetzlichen Vorschriften und die Rechte der Arbeitnehmenden seien aber auch im Gesundheitswesen nicht verhandelbar. Der VPOD werde sich notfalls auch vor Gericht für die Einhaltung des Arbeitsgesetzes einsetzen.