Rund 400 Hirtenhunde auf Bündner Alpen dank kantonaler Lösung
Graubünden lässt seit zwei Jahren mehr Hunderassen als vom Bund anerkannt für den Herdenschutz zu. Die seltenen Wolfsrisse bestätigen den eingeschlagenen Weg.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Kanton Graubünden hat für den Herdenschutz mehr Arten von Schutzhunden zugelassen.
- Für die Gefahr der Wolfsrisse zeigt dies markante Erfolge.
- Um dem Wolfsdruck entgegenzuwirken, braucht es professionelle Hunde.
Um den Herdenschutz zu unterstützen, stellte die Bündner Regierung ein eigenes Herdenschutzprogramm auf. Zusätzlich zum bestehenden Programm des Bundes. «Sonst würden in Graubünden wohl um die 200 Herdenschutzhunde fehlen», sagt Jan Boner gegenüber der «Südostschweiz». Er ist Berater in Herdenschutz und Hundewesen am Bildungs- und Beratungszentrum Plantahof in Landquart GR.
Mit dem Bündner Programm unterstützt der Kanton seit zwei Jahren die Züchterinnen und Züchter im Kanton. Auch die Haltenden aller Hunde, welche die sogenannte Einsatzbereitschaftsprüfung (EBÜ) bestanden haben, profitieren von finanziellen Leistungen. Der Bund anerkennt hingegen nur die Hunderassen Montagnes de Pyrénées und Pastore Abruzzese.
«Mindestens 150 kantonal anerkannte Schutzhunde arbeiten auf Bündner Landwirtschaftsbetrieben und Alpen», so der Herdenschutzfachmann Boner. Hinzu kommen ungefähr nochmal so viele vom Bund anerkannte Hunde. Laut Boner sind es nun rund 400 Herdenschutzhunde, welche im Graubünden im Einsatz seien. Vor wenigen Jahren seien es noch nicht einmal 100 Hunde gewesen.
Professionelle Hunde gegen Wolfsdruck
Nach ihrer Ausbildung werden die Hunde während rund 30 Stunden auf ihre Fähigkeiten geprüft. Für die Verhältnisse im Graubünden hat sich laut Boner gezeigt, dass sich ausschliesslich jene Rassen eignen, die aus einer Arbeitslinie stammen. «Das bedeutet, dass sie aus einer professionellen Zucht kommen, die seit jeher explizit auf den Herdenschutz ausgerichtet ist.» Darunter fallen sechs Hundetypen, die gemäss Boner in hiesigen Betrieben eingesetzt werden.
In Graubünden gäbe es wenige, jedoch sehr gute Züchtende. «Sie übernehmen eine grosse Verantwortung», so Boner. Dies helfe die Nachfrage abzudecken, jedoch gäbe es auch ab und zu Engpässe. Besonders wenn der Wolfsdruck spürbar sei und wenn Schutzhunde ausfallen würden aufgrund von Krankheit oder Verletzungen.
71 Prozent weniger Risse als im Vorjahr
Im ersten Halbjahr in Graubünden wurden 36 Nutztiere in Graubünden gerissen, wie das kantonale Amt für Jagd und Fischerei im aktuellen Bericht Grossraubtiere schreibt. Das sind 71 Prozent weniger im Vorjahresvergleich. Im Vorjahr wurden in der gleichen Periode 127 Nutztiere gerissen und 6 Tiere verletzt, so der Bericht.
Dieser markante Rückgang ist ein Erfolg des Herdenschutzes. Die Gruppe Wolf Schweiz, schreibt in einer Medienmitteilung: «Diese Zahlen verdeutlichen, dass es nicht die Grösse des Wolfsbestandes ist, die bestimmt, wie viele Risse es gibt, sondern der Herdenschutz.»
Herdenschutzfachmann Boner ist jedoch anderer Meinung: «Die tieferen Risszahlen allein auf den Herdenschutz zurückzuführen, wäre nicht seriös», sagt er. «Aber natürlich ist der Herdenschutz ein wirksamer Pfeiler, um den Schaden in Grenzen zu halten», so der Fachmann.