Schuhmacherkunst und Kultur in der Alten Schmitte Steffisburg
In der Alten Schmitte kann man Schuhe reparieren lassen, einen Kaffee geniessen und Konzerten lauschen. Seit dem 12. Mai hat das kleine Bistro wieder offen.
Bereits vor über 30 Jahren haben Edi und Eva Geissler in Steffisburg eine Schuhmacherei eröffnet. 2002 haben die beiden dann die Alte Schmitte übernommen. Zur Schuhmacherei kam bald ein Bistro hinzu, in dem regelmässig auch Konzerte stattfinden.
Ein Treffpunkt für das Quartier
Bereits in seiner vorherigen Schuhmacherei begrüsste Edi oft Nachbarn und Kollegen auf einen Kaffee oder ein Feierabendbier. «So wurde meine Werkstatt zu einer Art Treffpunkt», erzählt er.
Für ihn und Eva war klar, dass sie nach dem Umzug in die Schmitte wieder Gäste begrüssen möchten. «Unsere Stammkunden kommen nun ins Bistro», freut sich Edi.
Zögerliche Wiedereröffnung
Am 12. Mai hat das Bistro nun nach acht Wochen Zwangsschliessung wieder geöffnet. Am Eingang steht Desinfektionsmittel bereit und die Sitzplätze wurden reduziert. «Stammgäste kamen schon in der Werkstatt vorbei uns sagten mir, dass sie sich sehr auf die Wiedereröffnung freuen», berichtet Edi.
Am Dienstagmorgen finden dann auch ein paar Gäste den Weg in die Alte Schmitte. Freundinnen treffen sich zum Kaffee, beim Fenster sitzt eine junge Frau an ihrem Laptop. Sie nutzt das Bistro als Co-Working-Space, das neuste Angebot in Lokal.
«Der Ansturm ist noch etwas verhalten», zieht Eva Geissler Bilanz. «Ich glaube die Leute brauchen noch etwas Zeit, um sich wieder ins Bistro zu trauen.»
Vorerst keine Anlässe und Gesellschaften
Was in der Alten Schmitte noch nicht möglich ist, sind Feste und Konzerte. «Das wird für uns schwierig, wir leben von geschlossenen Gesellschaften und Anlässen», sagt Edi Geissler. Er hofft, dass bald wieder etwas grössere Versammlungen ohne Distanzvorschriften möglich sind.
Im Bistro finden normalerweise jeden Freitag Konzerte statt. Immer Ende Monat treffen sich Musiker zur Irish Folk Session. Sowohl bei Gästen und Künstlern ist dieser Anlass sehr beliebt. «Für die Musiker ist es jeweils eine Art Treffen mit ihren Schaffenskollegen.»
Grillieren auf der alten Esse
Auch viele geplante Geburtstagsfeiern und Konfirmationen in der Alten Schmitte mussten abgesagt werden. «Wir haben aber schon ein paar Reservationen für neue Daten im Herbst», sagt Edi erleichtert.
Denn der grosse Bistroraum kann privat gemietet werden. Dies mit oder ohne Bedienung und Catering. «Als wir in die Schmitte kamen, haben wir gemerkt, dass man auf der alten Esse super grillieren kann», erzählt Edi mit einem breiten Lächeln.
Ein zweites Leben für Schuhe
Den Lockdown bekam Edi auch in seiner Werkstatt zu spüren. Normalerweise repariert er täglich 20 bis 30 Paar Schuhe. Momentan sind es noch 5 bis 7. «Viele Leute sind sich wahrscheinlich auch nicht sicher, ob die Werkstatt überhaupt geöffnet ist», nimmt der Schuhmacher an.
Neben Schuhen flickt Edi aber auch Handtaschen und Pferdegeschirr. Bei unserem Treffen lag gar ein Geschirr für ein Kamel auf seinem Auftragsstapel. So kann der Schuhmacher so manchen Gegenstand vor dem Mülleimer retten.
«Heute kaufen viele Leute billige Schuhe und werfen sie weg, sobald sie kaputt sind», gibt Edi zu bedenken. «Eine neue Sohle kostet um die 60 Franken, das lohnt sich bei Schuhen für 30 Franken für Konsumenten nicht.»
Bergführer und Kletterer als Nischenkunden
Eine Gruppe, die ihre Schuhe jedoch länger behalten will, sind Kletterer und Bergsteiger. Auf diese Kunden hat sich Edi Geissler daher auch spezialisiert. Mittlerweile hat er Kunden aus der ganzen Schweiz, die ihm ihre kostbaren Schuhe anvertrauen.
«Bergsteigerschuhe sind sehr teuer, gerade hatte ich ein Exemplar, das um die 800 Franken kostet», erinnert sich Edi. «Und Kletterer wollen ihre Schuhe nicht so schnell wegwerfen, sobald sie sie endlich eingetragen haben.» Für die viel belastete Spitze der Kletterfinken hat Edi einen speziellen Gummi zur Reparatur, welche die Schuhe wieder zuverlässig und sicher macht.
Von High Heels und Stallstiefeln
Da es im Oberland nicht mehr viele Schuhmacher gibt, bekommt Edi auch regelmässig Aufträge aus den Bergregionen. Beispielsweise vom Schuhhaus Romang in Gstaad.
Die Pakete aus Gstaad sind dann auch immer besonders spannend. Von kostbaren High Heels bis hin zu dreckigen Stallstiefeln habe er schon fast jeden erdenklichen Schuh zur Reparatur bekommen, sagt Edi. «Es ist einfach schade, dass ich nie die Leute sehe, die die Schuhe tragen», lacht er.