Am 6. Juli 2023 wurde die «Thuner Velo-Initiative» eingereicht. Laut Michelle Marbach vom Initiativkomitee können so Staus vermieden werden.
Michelle Marbach Grüne
Michelle Marbach, Stadträtin der Grünen-Fraktion in Thun - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • «Sichere Velorouten in Thun»: Dies fordert die kürzlich eingereichte Velo-Initiative.
  • Mit der Initiative soll ein mindestens 25 km langes Velohauptroutennetz entstehen.
  • Für das Initiativkomitee lohnt es sich, in mehr Veloinfrastruktur zu investieren.
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Am 6. Juli 2023 wurde die «Thuner Velo-Initiative» erfolgreich eingereicht. Sie fordert für Thun bis spätestens in zehn Jahren ein 25 km langes Velohauptroutennetz.

Damit sollen sich Velofahrende wieder sicherer fühlen können. Dies ist laut den Initiierenden das Hauptproblem, weshalb der Veloverkehr in Thun in den letzten Jahren abgenommen hat. Die Topografie und kurzen Distanzen von Thun seien nämlich ideal, um in der Stadt vermehrt aufs Velo zu setzen.

Doch wie genau soll dieses Velohauptroutennetz aussehen? Das Komitee redet von «sternförmigen sowie tangentialen Routen, die nach Möglichkeit von Fuss- und Autoverkehr getrennt geführt werden.».

Nau.ch hat sich mit Michelle Marbach vom Initiativkomitee (Verkehrsclub der Schweiz, Pro Velo Region Thun, SP, Grüne, GLP, EVP) über die Gründe der Initiative unterhalten. Sie ist ebenfalls Stadträtin der Grünen-Fraktion in Thun. Für sie sollen die verschiedenen Verkehrsteilnehmenden keineswegs gegeneinander ausgespielt werden. Dennoch werde stellenweise eine Neuaufteilung des Strassenraums notwendig sein, so Marbach.

Die Velostation im Bahnhof Thun.
Die Velostation im Bahnhof Thun. - Nau.ch / Ueli Hiltpold

Nau.ch: Warum braucht es jetzt einen Ausbau vom Velo-Streckennetz in Thun?

Michelle Marbach: Das Velo ist ein flächeneffizientes, schnelles und gesundes Fortbewegungsmittel. Doch obwohl in Thun mit der flachen Topografie und den kurzen Distanzen optimale Voraussetzungen für das Velo existieren, ist der Anteil Velo- am Gesamtverkehr gering.

Wir sind überzeugt, dass ein Netz an attraktiven und sicheren Velorouten Menschen auf das Velo bringt.

Nau.ch: Welche Kosten sind bei Annahme der Initiative zu erwarten und wie sollen diese gedeckt werden?

Michelle Marbach: Die Kosten hängen massgeblich von der Umsetzung ab und sind heute kaum bezifferbar. So sind Velostrassen und breitere Radstreifen sicher kostengünstiger umsetzbar als neu gebaute Velowege.

Zudem gibt es bereits geplante Projekte (Bahnhof-Selve-Schwäbis oder Burger- und General-Willstrasse), die die Anforderungen an eine Velohauptroute erfüllen würden. Diese Projekte wurden bereits budgetiert.

Nau.ch: Werden die zusätzlichen Baustellen, die ohnehin schon angespannte Verkehrssituation in Thun, nicht zusätzlich belasten?

Michelle Marbach: Wo immer möglich soll das Velonetz im Rahmen laufender Sanierungsarbeiten umgesetzt werden. Bei Velostrassen- und breiteren Velostreifen handelt es sich zudem primär um Signalisations- und Markierungsarbeiten.

Wir sind überzeugt, dass mit einem dichten und attraktiven Velonetz mehr Menschen für die kurzen Distanzen in Thun vom Auto aufs Velo umsteigen würden. Damit würde langfristig ein Beitrag zur Reduzierung der Staus geleistet.

Nau.ch: Erwarten Sie eine spürbare Verlagerung hin zu mehr Velofahrenden oder werden lediglich diejenigen, welche bereits Velo fahren, von «Luxus-Velorouten» profitieren?

Michelle Marbach: Wir gehen klar davon aus, dass mit der Umsetzung der Veloinitiativen eine spürbare Verlagerung stattfinden wird. Die Erfahrung aus anderen Städten zeigt, dass der Veloverkehr zunimmt, wenn die Infrastruktur ausgebaut wird.

Diejenigen Städte, die in den letzten Jahren viel in die Veloinfrastruktur investiert haben, konnten den Anteil Veloverkehr deutlich steigern.

Soll das Velonetz in Thun stärker ausgebaut werden?

Nau.ch: Ist in der Gemeinde Thun genügend Platz für eine Erweiterung mit Velohauptrouten – insbesondere, wenn diese getrennt von Fuss- und Autowegen geführt werden?

Michelle Marbach: Natürlich wird es im innerstädtischen Raum schwierig, neue Velowege zu bauen. Aus diesem Grund bleibt der Initiativtext betreffend der Umsetzung offen. Das Velonetz kann auch mittels Velostrassen oder breiten Radstreifen umgesetzt werden.

Der Strassenraum ist gegeben, da können wir nicht viel ändern. Schlussendlich geht es um die Aufteilung des Strassenraums und welchem Verkehrsträger wie viel Platz zugesprochen wird. Das ist keine leichte Aufgabe – aber eine machbare.

Nau.ch: Werden die zusätzlich geschaffenen Velorouten den motorisierten Verkehr stark einschränken?

Michelle Marbach: Ich erlaube mir die Gegenfrage: Schränkt der motorisierte Verkehr heute Fussgänger, Fussgängerinnen und Velofahrende ein?

Es geht uns mit dieser Initiative nicht darum, den motorisierten Individualverkehr einzuschränken oder unterschiedliche Verkehrstragende gegeneinander auszuspielen. Gleichzeitig ist klar: Der Strassenraum ist begrenzt und er wird stellenweise für die Umsetzung dieser Initiative neu aufgeteilt werden.

Beispielsweise indem Parkplätze aufgehoben werden, oder indem eine Temporeduktion vorgenommen wird. Es geht uns nicht darum, einem Verkehrsmittel die Daseinsberechtigung abzusprechen.

Aber im innerstädtischen Raum ist der Platz begrenzt und die Ansprüche daran vielfältig. Da lohnt es sich, auf eine umweltfreundliche und platzsparende Fortbewegungsart zu setzten.

Zur Person

Michelle Marbach ist 38 Jahre alt und Stadträtin der Grünen-Fraktion in Thun. Sie lebt in Thun, arbeitet als Verkehrsplanerin. Ihre Freizeit verbringt sie am liebsten im und am Wasser oder im Winter im Schnee.

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