Jegenstorf: Gemeinderatspräsident Jürg Häberli im Interview
Jürg Häberli spricht über die erste Gemeindeversammlung unter Corona-Schutzmassnahmen oder über die Vorzüge der Gemeinde Jegenstorf.
Nau.ch: Was ist heuer das wichtigste auf der Agenda von Jegenstorf?
Jürg Häberli: Nun, das Coronavirus hat unser Gemeindeleben sehr geprägt – gesellschaftlich ist leider deswegen in diesem Jahr nicht sehr viel los. Die Bundesfeier mussten wir leider auch absagen. Doch wir haben die Gemeindeversammlung durchgeführt, wo der Planungskredit für den Schulhausersatzneubau bewilligt wurde.
Das ist sehr wichtig für uns. Ausserdem müssen wir einen neuen Bahnhof bauen, wegen der neuen, längeren Züge des RBS. Da gab es ein paar Diskussionen.
Über?
Der RBS hätte es besser gefunden, wenn wir einen neuen Bahnhof an einem neuen Standort gebaut hätten. Vonseiten der Gemeinde wollten wir jedoch den alten Standort behalten und ausbauen. Aber wir sind uns einig geworden – und der Bahnhof bleibt am bisherigen Standort. Jetzt fängt bald die Detailplanung an.
Wie war die Atmosphäre an der Gemeindeversammlung, die unter Corona-Schutzmassnahmen durchgeführt wurde?
Etwas speziell. Wir haben die Versammlung in die Dreifachturnhalle verlegt, damit man den Abstand einhalten konnte. Knapp 130 Leute sind gekommen. Aber alle haben sich an die Regeln gehalten und gut mitgemacht.
Wie lange sind Sie schon Gemeinderatspräsident und wie haben Sie diese Zeit empfunden?
Ich bin seit 2,5 Jahren Gemeinderatspräsident. Bisher war es eine sehr spannende Zeit, das Amt nimmt aber auch viel Zeit in Anspruch. Ich bin pensioniert, habe zuvor als Vorsteher des Jugendamtes der Stadt Bern gearbeitet.
Ehrlich gesagt, hätte ich mir nicht vorstellen können, das Amt neben meiner Berufstätigkeit ausführen zu können. Doch jetzt habe ich genügend Zeit dafür, ich lerne viel Neues und stehe in Kontakt mit vielen Menschen.
Haben Sie aber schon vor Ihrer Pensionierung mit der Politik beschäftigt?
Im Job hatte ich viel mit der Politik zu tun, ausserdem bin ich schon seit Ewigkeiten Mitglied der SP. Und ich war schon Gemeinderat in Jegenstorf und zuständig für den Hochbau.
Welche Ziele haben Sie als Gemeinderatspräsident für Jegenstorf?
Jegenstorf ist eine Wohngemeinde mit wenig Industrie, einer funktionierenden, guten Infrastruktur und einem schönen, lebendigen Dorfzentrum. Es ist mein Ziel, das zu erhalten. Gerade jetzt während der Coronakrise haben wir gesehen, wie wichtig es ist, beispielsweise Läden im Dorf zu haben. Die Geschäfte wurden reger als sonst genutzt.
Sie leben seit 35 Jahren in Jegenstorf. Wie hat sich die Gemeinde in dieser Zeit verändert?
Jegenstorf war eine Landgemeinde mit vielen Einheimischen und Bauern. Inzwischen hat sich die Einwohnerzahl mehr als verdoppelt, Jegenstorf wurde zu einer Agglomerationsgemeinde. Viele Einwohnerinnen und Einwohner arbeiten auswärts, beispielsweise in Bern. Jegenstorf wurde zu einer modernen Gemeinschaft und trotzdem wurde der traditionelle Teil erhalten, beispielsweise mit traditionellen Vereinen. Das ist eine gute Mischung.
Sie haben vorhin die Coronakrise angesprochen. Wie ist die Gemeinde damit umgegangen?
Die Gemeinde hat umgesetzt, was übergeordnete Gremien vorgegeben haben. Glücklicherweise waren wir kein Hotspot, hatten wenig Erkrankungen und keine Todesfälle. Ich hoffe sehr, dass das auch so bleibt. Herausfordernd war die Schliessung der Schule und die Notbetreuung der Kinder.
Wir haben uns Mühe gegeben, die Bevölkerung mit häufigen Informationen immer auf dem neusten Stand zu halten und die Gemeindeverwaltung auch weiterhin geöffnet zu haben – wenn auch reduzierter. Die Zusammenarbeit im Gemeinderat lief auch sehr gut.
In vielen Gemeinden entstanden Projekte für Nachbarschaftshilfe. Auch in Jegenstorf?
Ja, das gab es auch hier, organisiert von der sorgenden Gemeinschaft, der Jugendarbeit und der Kirche. Aber auch sonst hat die Nachbarschaftshilfe sehr gut funktioniert. Ich war beeindruckt, wie gut sich alle an die Regeln gehalten haben und bin stolz, dass die Einwohnerinnen und Einwohner sich gegenseitig unterstützt haben. Aber inzwischen sind die Leute – wie auch überall sonst – etwas sorgloser geworden.
Wo sind Ihre Lieblingsplätze in Jegenstorf?
Ich gehe gerne in den umliegenden Wäldern joggen. Und wenn es gemütlicher sein soll, gehe ich in den Schlosspark. Dort gibt es ein Schlosscafé, das ehrenamtlich betrieben wird.
Zur Person:
Jürg Häberli ist 67 Jahre alt und Mitglied der SP. Er ist pensioniert, ist verheiratet und hat drei erwachsene Töchter. In seiner Freizeit geht Häberli gerne in die Berge, liest oder kocht.