Sozialberatungen: Was tun, wenn man in Schwierigkeiten steckt?
Finanzielle Schwierigkeiten, Mobbing, Sucht, Trennungssituationen. Die Sozialdienste im Raum Bern Nord bieten mit der Sozialberatung Hilfe an.
Was tun, wenn man sich in einer Notsituation befindet? An wen kann man sich wenden? In der Region Bern-Nord sicher an die Sozialberatung. Meist ist diese über die Gemeinde und den Sozialdienst organisiert.
In der Region bieten unter anderem der Sozialdienst Jegenstorf (auch zuständig für die Gemeinden Fraubrunnen, Iffwil, Jegenstorf und Zuzwil), Münchenbuchsee (auch für die Gemeinden Münchenbuchsee, Moosseedorf, Diemerswil, Wiggiswil und Deisswil zuständig) und Zollikofen ihre Hilfe an.
Im Interview mit den verschiedenen Stellen erklären die Verantwortlichen, wer sich an die Sozialdienste wenden kann, was eine Sozialberatung beinhaltet und wie geholfen wird.
Nau.ch: In welchen Situationen darf man sich an die Sozialberatung wenden?
Renate Gerber, Sozialdienst Region Jegenstorf: Grundsätzlich kann man sich bei allen Situationen an uns. Bei spezifischen Fragen vermitteln wir die Leute an Fachstellen weiter. Beispielsweise an Pro Infirmis, Pro Senectute, an die Rechts-, Opfer-, Schulden- oder Erziehungsberatung.
Stefan Lerch, Regionaler Sozialdienst Münchenbuchsee: Der Sozialdienst Münchenbuchsee berät und unterstützt die Einwohnerinnen und Einwohner bei persönlichen, finanziellen und familiären Problemen.
Rolf Gasser, Sozialdienste Zollikofen: Jede Person mit Wohnsitz in Zollikofen kann sich bei sozialen oder finanziellen Problemen den Sozialdiensten melden.
Nau.ch: In welchen Situationen wird die Sozialberatung häufig genutzt?
Renate Gerber: Vor allem bei finanziellen Problemen, Trennungssituationen oder Erziehungsproblemen. Daneben aber auch bei Problemen mit dem Besuchsrecht, Mobbing und Sucht.
Stefan Lerch: Die Problemlagen sind vielfältig und von unterschiedlicher Intensität. Beispielsweise eine alleinerziehende Mutter, die mit der Erziehung ihrer Teenagerin an ihre Grenzen stösst.
Oder ein Vater, welcher keinen Kontakt mehr zu seinem Kind hat und eine Vermittlung in der Besuchsrechtsangelegenheit wünscht.
In der Regel ist der Druck bei den Betroffenen schon sehr hoch, wenn sie sich bei uns melden. Meist haben sie vorgängig versucht, eine Lösung zu finden – ohne dass sich eine Verbesserung ergeben hätte.
Rolf Gasser: Zu den Gründen gehören Arbeitslosigkeit, ungenügendes Einkommen oder der Wegfall von Sozialversicherungsleistungen. Oft werden auch Scheidungen oder Trennungen als Gründe für eine Notlage festgestellt.
Nau.ch: Was sind die häufigsten Auslöser für finanzielle oder persönliche Schwierigkeiten?
Renate Gerber: Bei finanziellen Schwierigkeiten sind Jobverlust, Krankheiten und Trennungen die häufigsten Auslöser.
Bei persönlichen Schwierigkeiten geht es vielfach um Beziehungsprobleme, Trennungsabsichten und Trennung.
Stefan Lerch: Bei den finanziellen Schwierigkeiten sind oft Miete und Krankenkasse Themen, die die Betroffenen belasten. Diese Fixkosten belasten das Budget der untersten Einkommen am meisten.
Fallen dann noch unerwartete Zusatzkosten an, ist das persönliche Budget schnell aus dem Lot. Bei den persönlichen Schwierigkeiten sind oft familiäre Probleme im Vordergrund, insbesondere Kinderbelange.
Rolf Gasser: In präventiven Beratungen sind familiäre Probleme die häufigsten Gründe, weshalb Betroffene Unterstützung und Beratung suchen.
Nau.ch: Welche Hilfestellungen können bei der Beratung gegeben werden?
Renate Gerber: Bei finanziellen Problemen wird die finanzielle Situation überprüft oder eine Budgetberatung durchgeführt.
Bei familiären Problemen analysieren wir die Situation und zeigen mögliche weitere Schritte auf. Dazu gehört auch das Vernetzen mit anderen Stellen.
Stefan Lerch: Für die Betroffenen ist es schon mal sehr wichtig, dass ihnen jemand zuhört und sie mit ihren Anliegen ernst nimmt. Wir versuchen, nach geeigneten Interventionsmöglichkeiten zu suchen.
Wir orientieren uns dabei am Willen der Betroffenen und deren Ressourcen. Wir versuchen immer, den betroffenen Personen oder Familien eine massgeschneiderte Lösung an Hilfestellung zu bieten.
Rolf Gasser: Wir bieten Unterstützung im Umgang mit anderen Behörden und Ämtern wie beispielsweise der Ausgleichskasse, Steuerverwaltung oder Arbeitslosenversicherung.
Zudem werden Kontakte zu anderen Hilfsangeboten und Fachstellen vermittelt und individuelle Zielsetzungen erarbeitet.
Nau.ch: Was könnten die nächsten Schritte nach der Beratung sein?
Renate Gerber: Das Weiterführen der Beratung bei uns oder eine Triage an eine andere Fachstelle. Bei finanziellen Problemen bieten wir auch eine Lohnverwaltung an.
Stefan Lerch: In erster Linie versuchen wir mit Arbeits- und Integrationsmassnahmen die Voraussetzungen der Betroffenen zu verbessern. Auch versuchen wir, sämtliche subsidiären Leistungen geltend zu machen.
Wir versuchen, die Betroffenen mit geeigneten Unterstützungsangeboten zu vernetzen, koordinieren die Hilfestellungen und erarbeiten mit ihnen, in welchen Bereichen sie zwingend Unterstützung brauchen und in welchen sie weiterhin selbständig für sich sorgen können.
Rolf Gasser: Nächste Schritte können die Triage zu spezifischen Fach- und Beratungsstellen sein, qualifizierende Massnahmen wie gezielte Arbeitseinsätze oder Deutsch- oder Bewerbungskurse.
Nau.ch: Wie viele Personen haben die Sozialberatung im letzten Jahr in Anspruch genommen?
Renate Gerber: Wir registrieren nur die Beratungen, die mehr als drei Stunden in Anspruch nehmen. 2019 hatten wir knapp 50 freiwillige Beratungen, diese sind für die Leute gratis.
Stefan Lerch: Wir haben 65 präventive Beratungen durchgeführt.
Rolf Gasser: Die Sozialdienste haben im letzten Jahr insgesamt knapp 800 Personen beraten und unterstützt. Davon wurden 58 Beratungen im Rahmen der präventiven Beratung geführt.