Ernst Oppliger: «Je weniger du verdienst, desto grüner bist du.»
Scherenschnitt-Künstler Ernst Oppliger lebt schon seit jeher in Meikirch, verkauft und zeigt seine Werke aber in der ganzen Welt.
Das Wichtigste in Kürze
- Ernst Oppliger ist Scherenschnitt-Künstler.
- Er lebt und arbeitet mit seiner Frau in Meikirch.
Sie leben bereits Ihr ganzes Leben lang in Meikirch. Was ist so toll hier?
Das war eigentlich gar nie die Frage, ich bin eben hier. Klar ist die ländliche Umgebung gut zum Wandern, Joggen und Velofahren.
Inspiriert Sie die Landschaft auch in Ihrer Arbeit?
Ja. Ich habe ja zuerst mit klassischen Motiven gearbeitet, Alpaufzüge und Silhoutten gemacht. Das eignete sich nicht für die Darstellung von Landschaften.
Dann habe ich gemerkt, dass das, was ich von meinem Fenster aus sehe, eigentlich sehr gut ist.
Wenn Sie draussen unterwegs sind, machen Sie sich Skizzen, die Sie dann als Vorlagen brauchen?
Nein, ich arbeite mit Fotos. Ich bin kein Schneller, ich kann nicht so skizzieren.
Sie haben früher auch Bauernmalerei gemacht. Weshalb sind Sie davon weggekommen?
Der Scherenschnitt war viel kreativer, und lag mir gut.
Weil man lange an einem Kunstwerk arbeiten kann?
Ja. Die Entwurfsphase ist zwar sehr interessant, aber ich kann nicht lange am Entwerfen arbeiten. Ich muss dann wieder weg davon.
Dann kommt die Phase, in der man einfach schneidet.
Und das nimmt den Hauptteil der Zeit ein?
Das ist so. Jetzt ist das Ganze gesundheits- und altershalber am Auseinandergehen.
Ich habe letzte Woche seit einem Jahr endlich wieder etwas fertig gemacht, wegen meinem Tennisarm.
Das Langsame und Entschleunigte ist Ihnen wichtig – weshalb?
Ich bin als fauler «Giel» aufgewachsen, und habe in der Lehre gemerkt, dass ich gerne etwas mache, an dem ich einfach sitzen kann und weiss, wie es geht. Ich habe gemeint, das sei für alle bequem, aber die Anderen haben sich beschwert, wenn sie vier Stunden lang Krokusse ausmalen mussten.
Der Scherenschnitt ist Volkskunst, und man kann nach Motiven aus dem Kopf arbeiten. Wenn man daraus etwas machen kann, das den Leuten gefällt und das Erfolg bringt, und mit dem man einigermassen die Familie durchbringen kann, dann ist das gut.
Die Philosophie, dass das ja eigentlich gar nicht so dumm ist, ist dann eigentlich dazu gekommen.
Also war zuerst die Lust am Schaffen da?
Mein Kindertraum wäre eigentlich das Malen gewesen. Aber dafür musste man den Gymer machen, und dann ins Deutsche an die Akademie.
Ich habe den Vorkurs gemacht, um Grafiker zu werden, und die vier Besten erhielten eine Lehrstelle als Grafiker, weil es vier Lehrstellen gab. Deshalb bin ich dann in dieser Druckerei gelandet, wo ich Fotolithographie gelernt habe.
Sie wollten dann aber nicht auf dem Beruf arbeiten?
Ich habe dann noch zwei Jahre auf dem gearbeitet, war dann aber sehr froh, als ich mich selbstständig machen konnte.
Wie haben Sie sich dann einen Kundenstamm aufgebaut?
Durch die Trachtenvereinigung. Die haben die volkstümlichen Alpaufzug-Motive gekauft.
Und dann konnte ich mich langsam in eine andere Richtung entwickeln.
Man merkt ja auch, dass Ihre Werke immer bunter und ausgefallener werden. War das Absicht, oder kam das von alleine?
Das kam von selber. Und ich hatte das Glück, dass die Kunden die kleinen Schritte mitgemacht haben.
Picasso und Jansen haben ihre Phasen, ihr Werk geändert, und da haben sie auch gleich den Wohnort und die Frau gewechselt. Darum ist es bei mir weniger schockartig und mit kleinen Schritten gegangen, weil ich beides behalten habe.
Das hat ja auch seine Vorteile …
Sicher. Hoffentlich auch für die Frau!
Ihre Frau macht Kerbschnitzereien, Sie haben ein gemeinsames Einkommen …
Ja, eben mit der Philosophie: je weniger du verdienst, desto grüner bist du. Wir haben schon vor über zwanzig Jahren das Auto weg getan, wir haben ein Sonnendach …
Politisch bin ich sonst nicht aktiv, ich bin nicht der Mann dafür.
Haben Sie eigentlich eine bestimmte Botschaft im Sinn, wenn Sie ein Werk entwerfen?
Das ist schon bei Bildern entstanden, die ganz fertig waren. Plötzlich habe ich darin etwas gesehen, das mir dann sehr wichtig wurde.
Ein paar Mal war eine Ausstellung mit Thema, und dort habe ich schon Botschaften. Das letzte war jetzt «Aufbruch ins Weite».
Da habe ich jetzt ein Schlauchboot gemacht mit sechshundert Gesichtern darauf. Diese Gesichter bilden ein Porträt von Carola Rackete.
Was ist denn für Sie Glück?
Diesen Garten zu haben, und in diesem Garten hat es zwei Grossmeiteli. Das ist das Höchste.
Da kommen mir Worte in den Sinn, die ich früher nie gebraucht hätte.
Was denn für welche?
Schätzeli, Schnüseli… (lacht).