Sabina Freiermuth (FDP): Bürgerlich, aber mit Anstand und Respekt
Besonders auf Kantonsebene teilen FDP und SVP viele Positionen. Dennoch mangelt es bei Letzterer oft an Anstand und Respekt beim Politstil. Ein Gastbeitrag.
Das Wichtigste in Kürze
- Immer wieder sorgen SVP-Politiker mit fragwürdigen Äusserungen für Kopfschütteln.
- Für bürgerliche Politik gibt es nur die FDP, die mit Anstand und Respekt politisiert.
- Dies behauptet Sabina Freiermuth, Präsidentin der FDP Aargau, in ihrem Gastbeitrag.
Die SVP tut, was sie besonders vor Wahlen immer tut: Provozieren. Die Medien tun, was sie immer tun: In allen Farben und Formen darüber berichten. Die Öffentlichkeit tut, was sie immer tut: Entsetzt aufschreien. Und die SVP erhält am Schluss genau das, was sie will: Aufmerksamkeit.
Armeeangehörige sind Schweizerinnen und Schweizer und verteidigen Schweizer Werte
Das ist ein denkbar einfaches Spiel, diesmal in Form eines widerlichen Tweets: Ein Bild zeigt das Gebirgsschützenbataillon 6 der Schweizer Armee beim Feldgebet mit Teilnahme muslimischer Armeeangehöriger. Darunter steht: «Was kommt als nächstes? Kinder-Ehen, Scharia-Gerichte, Steinigungen?» Auch (gemässigte) SVPler finden, das überschreite eine Grenze.
Die Armeeseelsorge schliesst alle Angehörigen der Armee ein, Christen, Muslime, Juden und Freikirchler. Das ist auch richtig so, denn die Bundesverfassung garantiert die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Wer sich nicht wegdrückt, sondern sich in den Dienst der Schweizer Armee stellt, verdient unseren Respekt und unseren Dank.
Wer bereit ist, unsere Werte notfalls im Krieg zu beschützen, soll sich nicht vorverurteilt fühlen müssen. Religiöser Fanatismus gab und gibt es – leider – in allen Religionen. Auch die Religionsfreiheit ist ein Wert der Schweiz, den Frauen und Männer im Dienst der Schweizer Armee verteidigen.
Verhalten von GLP und Mitte ist scheinheilig
Sollte die FDP Aargau nun auf ihren Entscheid zurückkommen, mit der SVP in eine Listenverbindung zu gehen? Die Geschäftsleitung hat die Listenverbindung nach eingehender Diskussion mit klarer Mehrheit beschlossen.
Wir waren auch mit GLP und der Mitte im Gespräch, beide haben sich aber unvermittelt und ohne uns einzubinden in andere Listenverbindungen verabschiedet. Sie schauen also nur für sich. Uns bliebe als einzige Alternative zur Listenverbindung mit der SVP der Alleingang, der uns bei den Wahlen 2011 notabene um ein Haar einen Sitz gekostet hätte.
Die GLP geht, ohne mit der Wimper zu zucken, mit der SP und den Grünen. Wer also GLP wählt, beschert möglicherweise den Juso (Unterliste der SP) einen Sitzgewinn. Die Mitte verabschiedet sich aus dem bürgerlichen Lager und verbindet sich mit der EVP. Das Verhalten dieser Parteien ist höchst scheinheilig.
FDP ist die einzige bürgerliche Partei mit Anstand und Respekt
Mit der SVP sind wir (gerade auf Kantonsebene) in vielen Dossiers einig, in einigen auch nicht. Jedoch teilen wir die bürgerliche Grundhaltung, welche die Schweiz zum Erfolgsmodell gemacht hat: Privat vor Staat, Erwirtschaften vor Verteilen, Freiheit vor Gleichheit. Ziel der Listenverbindung ist es, dass die Sitze innerhalb dieser politischen Grundausrichtung bleiben.
Nach den neuerlichen Eskapaden der SVP steht fest: Die FDP ist die einzige bürgerliche Partei, welche diese Werte mit Anstand und Respekt vertritt. Wer den Politstil der SVP ablehnt, wählt also am besten FDP. Damit fallen die Restmandate uns zu.
PS: Ich hatte schon immer Mühe mit dem Instrument der Listenverbindungen. Nach den Wahlen 2019 wollte ich es via Standesinitiative abschaffen und erarbeitete deshalb einen entsprechenden Vorstoss: Der Antrag wurde mit nur eine Stimme Unterschied abgelehnt.
Die damalige CVP lehnte den Vorstoss einstimmig ab. Das ist jene Partei, die nun moralische Überlegenheit für sich in Anspruch nimmt, über unsere Listenverbindung richten zu wollen. No comment.
Zur Autorin: Sabina Freiermuth ist seit 2021 die Präsidentin der FDP Aargau. Ausserdem politisiert sie auch seit 2010 als Grossrätin im Grossen Rat des Kantons.