Zürcher halten «Mohrenkopf»-Abdeckung für «Affentheater»
Die Stadt Zürich will rassistische Inschriften abdecken lassen, ein Gericht verbietet das. Was sagen die Menschen auf der Strasse dazu?
Das Wichtigste in Kürze
- Der Zürcher Stadtrat wollte zwei «Mohrenkopf»-Inschriften auf Gebäuden abdecken.
- Das Baurekursgericht kam zum Schluss, dass eine Abdeckung nicht gerechtfertigt sei.
- Nau.ch hat die Menschen auf der Strasse gefragt, was sie von der Inschrift halten.
Im Zürcher Stadtviertel Niederdorf erregen zwei Gebäude die Gemüter – genauer gesagt, ihre Namen. Über den Eingängen der Gebäude prangen die Inschriften: «Zum Mohrenkopf» und «Zum Mohrentanz».
Der Stadtrat will die Inschriften abdecken lassen, reicht ein Baugesuch ein. Die Politik hat die Rechnung allerdings ohne den Heimatschutz gemacht, der prompt Rekurs dagegen einlegt. Der Fall landet vor dem Baurekursgericht.
Dieses hat gestern entschieden: Zwar seien die Inschriften rassistisch, doch der Eingriff in geschützte Fassaden sei nicht gerechtfertigt, so das Urteil des Gerichts. Nau.ch hat die Menschen auf der Strasse gefragt, was sie davon halten.
«Lernen, statt überpinseln»
Passant René findet dazu klare Worte: «Das ist ein blödes Affentheater.»
Die Inschriften solle man doch so lassen, wie sie früher waren. Auch Yvonne zeigt wenig Verständnis: «Früher hat man Mohrenkopf gesagt. Wir sind in der Schweiz und das gehört zu uns.»
Die Fachstelle für Rassismusbekämpfung vom Bund hat dazu eine klare, andere Linie: «Der Begriff ist aus historischen Gründen rassistisch konnotiert», sagt die stellvertretende Leiterin Katja Müller auf Anfrage. Es sei verständlich, dass das Wort verletzend sein könne, «insbesondere, da es sich um eine Fremdbezeichnung handelt.»
Ein anderer Passant hält lediglich das Vorgehen des Stadtrats für falsch: «Wenn etwas aus einer alten Zeit kommt, ist es ein wenig wie ein Zeitzeuge. Das heisst, man kann vielleicht etwas draus lernen, anstatt es einfach zu überpinseln.» Wenn man das Ganze überdecke, vergesse man es.
Darauf weist auch die Fachstelle für Rassismusbekämpfung hin: Würden Inschriften nicht abgedeckt oder entfernt, könne man sie kontextualisieren, beziehungsweise mit entsprechenden Massnahmen begleiten.
Dennoch: Der Stadtrat will den Gerichtsentscheid weiterziehen. René hat dafür «überhaupt kein» Verständnis. Dass man das Ganze nicht einfach akzeptieren wolle, sei «ein wenig kleinlich», so David.
Die kritische Auseinandersetzung mit Inschriften, die rassistisch konnotiert sind, ist laut der Fachstelle für Rassismusbekämpfung wichtig. Sie könnten als verletzend oder erniedrigend empfunden werden. «Zudem reproduzieren sie die negativen Bilder, beziehungsweise verfestigen strukturellen Rassismus», so Müller.