Die Porträtsammlung «Queer Kids» lässt niemanden zurück

Keystone-SDA
Keystone-SDA

Bern,

Christina Caprez gibt mit «Queer Kids» jungen queeren Menschen aus der Schweiz eine Plattform.

gender
Eine Fahne der LGBTQI+-Community. - dpa-infocom GmbH

Das Buch ist ein kurzweiliges Leseerlebnis. Es schafft Verständnis auch bei jenen, die bislang wenig über LGBTQIA+ wissen. Mit Verwunderung würden Erwachsene auf die junge Generation schauen, schreibt die Autorin Christina Caprez in der Einleitung ihres Buches.

Sie «reagieren mit Verunsicherung, wenn sich Jugendliche als non-binär identifizieren». Mit «Queer Kids» will die Schweizer Soziologin und Historikerin «zu einer unaufgeregten Diskussion beitragen». Caprez war Redaktorin bei Radio SRF 2 Kultur und arbeitet heute als freie Journalistin.

Eine Vielfalt an Porträts

In ihrem Buch vereinigt Caprez 15 Porträts von jungen Menschen zwischen zehn und zwanzig Jahren aus unterschiedlichen Regionen der Schweiz, die sich selbst der LGBTQIA+-Gemeinschaft zuordnen. Die Autorin lässt sie direkt aus ihrem Leben erzählen. Wie bereits in ihrem Buch «Familienbande» (2012) über Familienkonstellationen in der Schweiz, stellt sie jedem Kapitel ein Porträtfoto voran.

Da ist etwa die zehnjährige Lia, trans Mädchen, das bereits als Kleinkind wusste, dass es kein Junge sein will. Da ist auch Christelle, 17 Jahre. Sie sagt, dass sie zum Glück nie «krasse Homophobie» erlebt hat, aber schweigt, wenn in einer Gruppe mal ein dummer Spruch fällt.

Zwei Kapitel weiter tritt der 15-jährige Max auf. Er mag zwar feminine Kleidung und Make-up, will aber mit «er» angesprochen werden.

Gesellschaftliche Einordnung

Drei Interviews mit Fachpersonen ordnen die individuellen Erfahrungen gesamtgesellschaftlich ein. Psychologe Ad J. Ott sagt etwa, dass die Wahrscheinlichkeit von Suizidversuchen bei queeren Menschen etwa vier- bis sechsmal höher ist als bei nicht-queeren.

So schwer manchmal die Kost auch ist, «Queer Kids» liest sich leicht. Die Porträts sind süffig und lebendig geschrieben, die direkte Rede sorgt für ein kurzweiliges Leseerlebnis. Der Aufbau erlaubt es auch nur einzelne Porträts zu lesen.

Eine unaufdringliche Autorin

Die Autorin nimmt sich zurück, gibt den Porträtierten Raum und schaltet sich nur ein, um kurz den Kontext zur Erzählung ihres jeweiligen Gegenübers zu liefern.

Caprez ist es gelungen, Nähe zu schaffen zu den Porträtierten. Manchmal schimmert ungekünstelter Jugendslang durch. Und nicht einmal hier fühlt sich die Leserin oder der Leser zurückgelassen. Für jene, die noch immer verwundert sind, stellt das Buch am Ende ein Glossar bereit.

Mehr zum Thema:

Kommentare

Weiterlesen

Mehr aus Stadt Bern