Die Schweiz erstmals in zwei Stufen auf dem Weg zum Auslandsoscar

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Bern,

Die Schweiz wählt erstmals im zweistufigen Verfahren zwischen «Reinas» von Klaudia Reynicke und «Le procès du chien» von Laetitia Dosch für die Auslandsoscars.

Oscar
Die Schweiz wählt erstmals im zweistufigen Verfahren ihren Film für die Auslandsoscars aus. (Archivbild) - Jae C. Hong/AP/dpa

Erstmals entscheidet die Schweiz in einem zweistufigen Auswahlverfahren, mit welchem Film sie ins Rennen um die Auslandsoscars geht: «Reinas» von Klaudia Reynicke oder «Le procès du chien» von Laetitia Dosch. Profitieren werden beide Filme.

Am 25. September verkündet die vom Bundesamt für Kultur (BAK) beauftragte Auswahlkommission, welcher Schweizer Film ins Oscar-Rennen 2025 geschickt wird. Mitte August wurde publik, dass «Reinas», eine Coming-of Age-Geschichte der schweizerisch-peruanischen Filmemacherin Klaudia Reynicke, und die schweizerisch-französische Komödie «Le procès du chien» von Laetitia Dosch in der Vorauswahl für die Oscars 2025 stehen.

Nach dem Vorbild anderer Länder wie Frankreich, Dänemark oder Schweden hat auch die Schweiz eine Shortlist bekannt gegeben. Die Promotionsagentur Swiss Films hat das zweistufige Auswahlverfahren für den Film neu eingeführt. Damit sollen künftig die Oscar-Gewinnchancen für den heimischen Film in der Sparte «International Feature Film» höher sein.

Rückblick auf Erfolge und Nominierungen

Seit der Nominierung von Claude Barras’ «Ma vie de courgette» (Bester Animationsfilm, 2018) war die Präsenz des Schweizer Filmschaffens an den Oscars überschaubar. Aber es hatte in der Vergangenheit Erfolge gegeben. Mehrere Kurzfilme waren nominiert oder schafften es auf die Shortlist.

Xavier Koller gewann mit «Reise der Hoffnung» 1991 das Goldmännchen für den besten fremdsprachigen Film. Er trat damit in die Fussstapfen von Richard Dembo, dem 1985 mit «Gefährliche Züge» dasselbe gelungen war. «Das Boot ist voll» von Markus Imhoof (1981) war in derselben Kategorie nominiert, ging aber leer aus. Auch andere Schweizerinnen und Schweizer waren im Rahmen internationaler Produktionen erfolgreich.

Regiedebüt auf erster Schweizer Oscar-Shortlist

Auf der ersten Schweizer Oscar-Shortlist steht nun zum einen das Regiedebüt «Le procès du chien». Regisseurin Laetitia Dosch spielt darin auch die Hauptrolle der Anwältin Avril. Sollte diese noch einmal vor Gericht verlieren, muss sie die Kanzlei verlassen.

Dass ihr nächster Klient ein Hund ist, macht ihre Lage nicht einfacher. Cosmos, so heisst das Tier, hat mehrere Menschen gebissen. Er ist aber gleichzeitig ein liebevoller, treuer Begleiter des sehbehinderten Dariuch.

Gekonnt hinterfrage das Werk «die Ansichten über Tierrechte und die Haltung gegenüber Frauen in der modernen Gesellschaft, während er die Überzeugungen, Fragen und Sehnsüchte der Prozessbeteiligten aufdeckt». So begründete die Auswahlkommission ihre Entscheidung, die philosophische Komödie in die enge Auswahl zu nehmen. Am diesjährigen Filmfestival in Cannes war der Film für den Hauptpreis in der Sektion «Un certain regard» sowie für die Caméra d’Or im Rennen.

«Reinas»: Autobiografisch inspirierte Geschichte

«Reinas», zum anderen auf der Shortlist, ist der erste Schweizer Spielfilm, der am renommierten Sundance Filmfestival im internationalen Hauptwettbewerb lief, an der Berlinale für die Beste Regie in der Sektion «Generation» ausgezeichnet wurde und am Filmfestival Locarno den Publikumspreis gewann.

In dem Coming-of-Age-Drama erzählt Klaudia Reynicke eine autobiografisch inspirierte Geschichte um eine Mutter, die mit ihren beiden Töchtern von Lima in die USA ziehen will. Grund dafür sind die Wirtschaftskrise, massive politische Unruhen und mangelnde Aussichten auf ein besseres Leben im Peru der 1990er-Jahre. «‹Reinas› ist eine zarte und subtil erzählte Geschichte einer Schweizer Regisseurin, die bereits bewiesen hat, dass sie die Herzen eines weltweiten Publikums berühren kann», schrieb die Auswahlkommission.

Swiss Films sieht Vorteile für beide Produktionen

Obwohl nur ein Film ins Oscar-Rennen geschickt werden kann, sieht Andreas Bühlmann, Head of Festivals & Markets bei Swiss Films, für beide Produktionen Vorteile. Denn während man sich bisher «nach bestem Wissen und Gewissen» für die Oscar-Auswahl beworben habe, gelten heute strengere Vorgaben.

Allen voran wird ein Vertrag mit einem US-Verleih oder die ausgewiesene Aussicht darauf vorausgesetzt, um überhaupt auf die Shortlist zu kommen. Was zählt, ist also nicht mehr nur die Stärke des Films. Sondern auch die internationale Vernetzung und das Gesamtpaket, mit dem der Film in den USA und bei den AMPAS-Mitgliedern (Academy of Motion Picture Arts and Sciences ) beworben werden kann.

Zweistufensystem erhöht Sichtbarkeit

Das Zweistufensystem macht beide Filme zudem länger sichtbar. «Bisher hat man in einer einzigen Sitzung einen Film nominiert», so Bühlmann. Und zwar so früh im Prozess, dass «Entscheide oft auf Annahmen basierend gefällt werden mussten».

Das heisst: bevor die Jury überhaupt wusste, ob das Team dahinter gut genug aufgestellt war, um reelle Gewinnchancen zu haben. Und anstatt sich direkt auf die Öffentlichkeitsarbeit konzentrieren zu können, flossen Zeit und Energie zunächst in die Suche nach einem US-Verleih und den Aufbau eines Promoteams. Heute sind gleich zwei Filme bestens für den internationalen Markt gerüstet.

Doch der Weg zum Goldmännchen ist auch nach der Schweizer Wahl am 25. September noch weit. Am 17. Dezember gibt die AMPAS die Shortlist mit 15 Filmen aus den verschiedenen Ländern bekannt. Am 17. Januar 2025 folgt die Publikation der nominierten Titel. Die Preisverleihung der 97. Academy Awards findet am 2. März 2025 in Los Angeles statt.*

* Dieser Text von Miriam Margani, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert

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