Antisemitismusbeauftragter: Fehlentscheidungen der documenta
Das Werk einer indonesischen Künstlergruppe hat die Debatte um Antisemitismus bei der documenta neu befeuert. Es ist nun abgebaut - aber die Diskussion nicht beendet.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Antisemitismusbeauftragte des Bundes hat die Organisatoren der documenta für «eine Reihe falscher Entscheidungen» kritisiert.
«Die Entscheidung der Kuratoren, dass zu einer der wichtigsten Kunstausstellungen der Welt keine jüdischen Künstler oder solche aus Israel eingeladen wurden, war der Beginn einer Reihe von Fehlentscheidungen, so dass sich die nun eingetretene Situation seit Wochen angekündigt und immer weiter zugespitzt hat», sagte der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, der Deutschen Presse-Agentur. «Spätestens jetzt ist es nun dringend geboten, dass endlich der Dialog gesucht wird, unter anderem mit dem Zentralrat der Juden.»
Umstrittenes Werk wurde abgebaut
Ein Werk namens «People's Justice» des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi hatte für eine Welle der Empörung gesorgt, viele sahen darin antisemitische Motive. Die Verantwortlichen der documenta hatten zunächst entschieden, das Werk mit schwarzen Stoffbahnen zu verhängen. Am Dienstagabend wurde es dann ganz abgebaut - unter Buhrufen, Pfiffen und Klatschen von Zuschauern.
Der Gründungsdirektor des Kasseler Documenta-Instituts, Heinz Bude, verlangte indes Konsequenzen bei der documenta-GmbH. Er kritisierte die documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann für ihre Kommunikationsarbeit, nachdem die Bilder mit antisemitischem Inhalt auf der Kunstausstellung entdeckt worden seien: «Es ist ein Desaster für die documenta entstanden und dafür muss man geradestehen. Der Bundespräsident hat zurecht gesagt, Verantwortung kann nicht outgesourced werden», sagte der Soziologe in der Sendung «Kulturzeit» auf 3sat.
Nähe zur BDS-Bewegung vermutet
Gegen das kuratierende Kollektiv Ruangrupa hatte es seit Monaten Antisemitismus-Vorwürfe gegeben. Teile des Leitungsteams und eingeladene Künstler sollen der BDS-Bewegung nahestehen. BDS steht für «Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen». Die Bewegung will Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch isolieren.
«Die documenta fifteen hat erneut bewiesen, dass die gegen Israel gerichtete BDS-Bewegung antisemitisch ist und deshalb auch konsequenter bekämpft werden muss», sagte der Beauftragte der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen den Antisemitismus, Uwe Becker. «Versuche, BDS als demokratische Plattform zur Diskussion des Nahostkonflikts zu bewerten oder gar als vermeintliche Menschenrechtsbewegung zu verharmlosen, müssen endlich aufhören. In BDS steckt das Ziel der Vernichtung Israels, und wer BDS fördert, unterstützt diese antisemitischen Kräfte willentlich oder fahrlässig.»
Die BDS-Bewegung verberge ihre «antiisraelische Gesinnung hinter der Maske einer selbst erklärten Menschenrechtsorganisation». «Leider erfährt diese Bewegung nach wie vor zu viel Unterstützung gerade auch aus den Bereichen Kunst, Kultur und Wissenschaft, weil zu viele sich in den wahren Zielen der Bewegung täuschen. Denn BDS ist keine friedliche Protestbewegung, sondern eine Maschinerie der Einschüchterung, eine moderne Form des Terrors gegenüber Israel.» Wer BDS unterstütze, sollte keine öffentliche Bühne mehr erhalten.