Brexit-Musical in Berlin: The Good, The Bad & The Queen

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Deutschland,

Wie ein wütend-melancholisches Polit-Musical wirkt der erste Teil des Berlin-Gigs von Damon Albarns Allstar-Band The Good, The Bad & The Queen - es geht um den Brexit. Ein intensives Erlebnis bleibt das Konzert aber auch danach.

Wahnsinnshitze, Wahnsinnskonzert: The Good, The Bad & The Queen. Foto: Warner Music/Pennie Smith
Wahnsinnshitze, Wahnsinnskonzert: The Good, The Bad & The Queen. Foto: Warner Music/Pennie Smith - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Damon Albarn ist immer noch stinksauer.

Zwar wurde der von ihm so intensiv betrauerte Brexit bisher noch nicht vollzogen, doch der Sänger macht seiner Fassungslosigkeit über die britische Politik weiterhin voller Wehmut und Sarkasmus Luft.

Im ersten Teil des ausverkauften Berliner Konzerts seiner Allstar-Band The Good, The Bad & The Queen gibt der überzeugte Weltbürger Albarn (51) am Sonntagabend den mal wütenden, mal albernen Hofnarren der zutiefst verachteten Brexiteers. Wie in einem Musical präsentiert der Blur- und Gorillaz-Frontmann das zweite Studioalbum von TGTB & TQ, die im November erschienene melancholisch-verzweifelte Platte «Merrie Land».

In den Songtexten und (teils holprig deutschen) Zwischenansagen, in Mimik und Gestik lässt Albarn durchblicken, dass er die selbstgewählte Isolation seiner Landsleute für brandgefährlich hält. «Order, order, order», brüllt er und stapft im Stechschritt über die Bühne des Astra Kulturhauses.

Er besingt die Arroganz der Engländer gegenüber Migranten, die bisher im UK die Drecksarbeit gemacht haben, und die schnell wachsende Fremdenfeindlichkeit auf der Insel. Zugleich schildert der charismatische Frontmann Grossbritannien als potenzielle Idylle - man merkt Albarn an, wie sehr er seine Heimat liebt. «Look what we have done» seufzt der Sänger in «The Truce Of Twilight», und in der Ballade «The Poison Tree» barmt er: «It's really sad».

Die erste Stunde des mit Spannung erwarteten Berliner Auftritts umfasst das gesamte «Merrie Land»-Konzeptalbum - eine anfangs etwas unscheinbar und gediegen klingende, nach und nach aber umso intensivere Platte. Wie die zehnköpfige Band diese politisch aufgeladenen, hochkomplexen und ambitionierten Lieder auf die Bühne hebt, ist imponierend.

Der nigerianische Afrobeat- und Jazz-Drummer Tony Allen (78) thront im Hintergrund wie ein König (der er für viele Fans längst ist), sein Spiel federt präzise und fantasievoll wie eh und je. Gitarrist Simon Tong (46) - einst bei den Britpoppern The Verve aktiv und inzwischen wie ein jüngerer Bruder von David «Talking Heads» Byrne aussehend - serviert mit stets ernster, konzentrierter Miene ein dichtes Gespinst an Saiten-Sounds.

Schliesslich Paul Simonon (63): Der frühere Musiker von The Clash, dessen Bass-Zerstörungswut das ikonische Albumcover von «London Calling» ziert, lässt mit seinem bollernden Dub-Groove den mittelgrossen Club über die gesamte Konzertdauer von rund 100 Minuten erzittern. Er sieht immer noch super aus - rank und schlank, mit Anzug und Käppi trotz der Wahnsinnshitze im Astra. Ein gut gelaunter, eleganter Punkrock-Gentleman.

Man muss sich The Good, The Bad & The Queen als zutiefst britisches Musikprojekt vorstellen - schon allein wegen der typisch näselnden, leicht blasierten und doch melodischen Singstimme von Damon Albarn, der auf der Bühne Klavier, Melodica und Akustikgitarre bedient (und einmal leicht windschief pfeift). Der Music-Hall- und Sixties-Britpop von The Kinks, der linkspolitische, antirassistische Ska-Soul von The Specials und der wuchtige Punk-Reggae von The Clash (sowie nahe liegende Blur-Einflüsse) treffen im Stilmix dieser famosen Band zusammen.

Nach einem kurzen Zwischenspiel des nach Berlin mitgebrachten weiblichen Streichquartetts betreiben TGTB & TQ in den Zugaben Repertoire-Pflege - mit Stücken vom selbstbetitelten Debütalbum aus dem Jahr 2007. In diesen rhythmisch aggressiveren Tracks kommt die Klasse der Band nochmal so richtig zum Vorschein.

Frontmann Albarn wird immer lockerer, er legt seine Anti-Brexit-Biestigkeit ab und begeistert sich (völlig zu Recht) am restlos euphorisierten Berliner Publikum. Zum Abschluss Jubel fast ohne Ende - auf beiden Seiten. Kein Zweifel: Ein Konzert-Highlight dieses an Höhepunkten ohnehin reichen Musiksommers.

Weitere Konzerte im Sommer: 3.6. Hamburg, Grosse Freiheit 36; 22.7. Genf, Festival Antigel, 15.8. Luxemburg, Den Atelier

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