Die verlorenen Schönheiten von Aleppo, Palmyra und Mossul

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Deutschland,

Eine ungewöhnliche Ausstellung in der Bundeskunsthalle versetzt den Besucher jetzt in die durch Krieg und Extremismus zerstörten Welterbestätten des Nahen Ostens. Virtuelle Animationen zeigen, was wieder aufgebaut werden könnte.

Die virtuelle Rekonstruktion der Grossen Moschee des an-Nuri in Mossul. Foto: Oliver Berg
Die virtuelle Rekonstruktion der Grossen Moschee des an-Nuri in Mossul. Foto: Oliver Berg - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Es ist ein zugleich überwältigender und erschütternder Eindruck: Der Besucher steht vor einer riesigen Leinwand und hat das Gefühl zu schweben.

Er fliegt über das zerstörte Mossul, die zweitgrösste Stadt des Irak, die von 2014 bis 2017 in der Hand der Terrormiliz IS war.

So weit das Auge reicht, sieht man Ruinen. Eingestürzte Häuser, Trümmer, Autowracks. Plötzlich aber erwächst aus der Steinwüste die vom IS gesprengte Grosse Moschee des an-Nuri mit ihrem berühmten schiefen Minarett. Virtuell entsteht neu, was eines Tages vielleicht auch in Wirklichkeit wieder aufgebaut werden könnte.

«Von Mossul nach Palmyra - Eine virtuelle Reise durch das Weltkulturerbe» heisst die Ausstellung, die vom 30. August bis zum 3. November in der Bundeskunsthalle zu sehen ist. Entworfen hat sie das Institut du Monde Arabe (IMA) in Paris. Es ist eine Schau, die man selbst erleben muss - Fotos oder Trailer können die Wirkung nicht vermitteln.

Im Kameraflug bewegt man sich um die Ruinen herum, schwebt hinein, erkundet die Rekonstruktionen zerstörter Monumente. So viele TV-Dokus man zum Krieg in Aleppo auch gesehen haben mag: Erst hier wird für den Aussenstehenden erlebbar, dass die uralte Stadt mit ihren berühmten Suks - Basaren und Karawansereien - in Teilen dem Erdboden gleichgemacht worden ist.

Durch den Vergleich mit historischen Aufnahmen lässt sich das Ausmass der Zerstörung erahnen. «Es sind Landschaften, die fast nicht mehr von unserem Planeten zu stammen scheinen», sagt der Intendant der Bundeskunsthalle, Rein Wolfs. Aufgenommen wurden die Filme mithilfe von Drohnen. Menschen fehlen. Das komme daher, dass manche Viertel nahezu entvölkert seien, sagt Pressesprecher Sven Bergmann. Ausserdem seien die Drohnen meist am frühen Morgen ausgeflogen. Menschen, die sich bewegen, würden zudem aus technischen Gründen in den 3D-Animationen nicht wiedergegeben. Ein Nachteil der insgesamt beeindruckenden Schau ist, dass man nicht immer abschätzen kann, was authentisch ist und was rekonstruiert.

Die Ausstellung behandelt vier Orte: das vom IS verwüstete Mossul im Nordirak, die syrische Stadt Aleppo, die vom IS zerstörte antike Oasenstadt Palmyra in der syrischen Wüste und das weniger bekannte Leptis Magna. Diese erst teilweise ausgegrabene römische Stadt an der libyschen Küste ist nicht durch Krieg oder Extremismus, sondern durch Vernachlässigung vom Zerfall bedroht. «Das sind vier Städte, die eine Wahnsinnsgeschichte haben, wenn es um kulturelles Erbe und architektonische Qualität geht», sagt Wolfs der Deutschen Presse-Agentur.

Auf weiteren Bildschirmen berichten Einwohner und Archäologen von ihren Erlebnissen und Versuchen, die Schönheiten ihrer Städte zu retten. Angrenzende Räume bieten die Möglichkeit, in die Geschichte und Kultur des jeweiligen Orts einzutauchen. Im Fall von Mossul geht es zum Beispiel um das multireligiöse Erbe der Stadt, in der Christen und Muslime unterschiedlicher Prägung mehr als 1000 Jahre zusammenlebten.

Schon seit längerem läuft eine Debatte darüber, ob und inwieweit die verwüsteten Monumente wiederaufgebaut werden sollen. In Palmyra etwa haben die Kahlschlag-Ideologen so vollständige Arbeit geleistet, dass vieles neugebaut werden müsste - wäre eine solche Kopie nicht zwangsläufig ein Disneyland? «Ich denke, viele Ruinen werden Ruinen bleiben müssen, um zu zeigen, was geschehen ist», sagt Wolfs. «Aber es ist auch wichtig, gewisse Symbole wiederherzustellen, um die Geschichte wieder darstellbar und konkret zu machen, um einer Stadt ihren Stolz zurückzugeben. Und auch um deutlich zu machen, dass man solche Zerstörungen nicht hinnimmt.»

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