Neuer SWR-Intendant Gniffke will mehr Frauen auf Chefposten
Das Wichtigste in Kürze
- Der künftige SWR-Intendant Kai Gniffke will alle Führungspositionen in der zweitgrössten ARD-Anstalt je zur Hälfte mit Männern und Frauen besetzen.
Das kündigte der bisherige Chefredakteur von ARD-aktuell bei der gemeinsamen Sitzung des Rundfunk- und des Verwaltungsrats des SWR in Stuttgart an.
Die Gremienmitglieder wählten den 58-Jährigen zum Nachfolger des Intendanten Peter Boudgoust (64), der seinen Posten Mitte des Jahres abgeben will. Gniffkes Gegenkandidatin war die SWR-Landessenderdirektorin Baden-Württemberg, Stefanie Schneider (57).
In seiner Bewerbungsrede sagte Gniffke, der SWR müsse zum «Innovationstreiber Nummer 1 werden». Er wolle in Baden-Baden ein Labor dafür aufbauen. Es gehe darum, neue Videoformate zu entwickeln, sich mit der Start-up-Szene zu vernetzen sowie die digitalen Kanäle und sozialen Medien besser zu bespielen.
Das SWR-Fernsehen sollte eine Serie produzieren, die mit dem Streamingdienst Netflix konkurrieren könne, schlug Gniffke vor. «Wir müssen auch sehen, dass wir Fernsehen effizienter produzieren.» Denn eine deutliche Erhöhung des Rundfunkbeitrags sei nicht in Sicht.
Im ersten Wahlgang stimmten die baden-württembergischen Gremienmitglieder mehrheitlich für Schneider, die rheinland-pfälzischen für Gniffke. Daher war ein zweiter Wahlgang erforderlich. Der Staatsvertrag der Zwei-Länder-Anstalt legt fest, dass im ersten und im eventuellen zweiten Wahlgang mindestens die Hälfte der Gremienmitglieder sowohl aus Baden-Württemberg als auch aus Rheinland-Pfalz für den neuen Intendanten stimmen muss.
Gniffke arbeitete von 1993 bis 2003 beim SWR in Rheinland-Pfalz, unter anderem als Reporter und landespolitischer Korrespondent. Als Chefredakteur von «Tagesschau», «Tagesthemen» und «tagesschau.de» in Hamburg ist er innerhalb der ARD eng vernetzt, hat zu Baden-Württemberg bisher aber nicht so viele Bezüge.
Auch 21 Jahre nach der Fusion von Südwestfunk und Süddeutschem Rundfunk zum SWR «sprechen wir immer noch über Ländergrenzen und Standorte», beklagte Gniffke. Dies müsse aufhören. «Ich bin ein Kind des SWR. Ich bin ein Kind der Fusion.» Damals habe er im neuen Sender seine erste Festanstellung bekommen. Sein Schwäbisch sei noch «nicht perfekt, aber ich lern's gerade».
Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm gratulierte Gniffke zur Wahl. «Mit ihm rückt ein erfahrener Programmmacher an die Spitze der Zwei-Länder-Anstalt, der für den Anspruch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht», teilte Wilhelm mit.
Die Vorauswahl für die Nachfolge Boudgousts war in den vergangenen Monaten auf viel Kritik gestossen. Dass sich nur Schneider und Gniffke den SWR-Gremien vorstellen konnten, hatte eine Arbeitsgruppe vorgeschlagen; die Gremien stimmten dem im März zu. Kritiker monierten, auch andere der ursprünglich 15 Bewerber um die Intendantenstelle seien geeignet gewesen.
Grund für die Beschränkung auf zwei Kandidaten war nach Angaben des SWR-Verwaltungsrats-Vorsitzenden Hans-Albert Stechl das komplizierte Wahlverfahren: Wenn sich auch im zweiten Wahlgang keiner der beiden Bewerber durchgesetzt hätte, hätte es erst frühestens sechs Wochen später einen dritten Anlauf geben können.
Die beiden Aufsichtsgremien des Senders, Rundfunk- und Verwaltungsrat, haben zusammen 92 Mitglieder. Sie sind aus Vertretern der Gesellschaft, also von Verbänden, Vereinen, Parteien, Kirchen und Gewerkschaften, zusammengesetzt. Bei der Wahl anwesend waren 88 Mitglieder. Gniffke erhielt im zweiten Wahlgang 56 Stimmen. Von den 63 baden-württembergischen Vertretern stimmten 34 für ihn, von den 25 rheinland-pfälzischen 22.