Kylie Minogue dreht die Uhr zurück
Das Wichtigste in Kürze
- Wenn Kylie Minogue an diesem Wochenende als Headliner beim berühmten Glastonbury-Festival im englischen Somerset auftritt, dann hat die 51-Jährige den sogenannten Legenden-Platz.
«Ich weiss nicht so richtig, was ich davon halten soll», sagt sie fast etwas überrascht über die Bezeichnung als Legende. «Ich nehm das einfach mit. Aber es ist natürlich etwas komisch, wenn man sich selbst so bezeichnet.» Legende oder nicht - als Popstar blickt Minogue auf eine mehr als drei Jahrzehnte währende Karriere zurück.
«Mein Vorteil ist, dass ich Veränderung mag», sagt Minogue gut gelaunt im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Seit sie 1987 mit ihrer Single «I Should Be So Lucky» weltweit die Hitparaden stürmte und auch in Deutschland auf Platz eins landete, hat sich die Australierin mehrfach neu erfunden. «Ich bin wandlungsfähig», sagt sie. «Ich schätze, ich bin wie ein Chamäleon.» Daran erinnert die Sängerin auf ihrem neuen Album «Step Back In Time», einer Sammlung alter Singles, das zudem den neuen Song «New York City» enthält.
Mit «Locomotion» und den Songs des als Hitfabrik bekannten Labels PWL der Produzenten Stock, Aitken und Waterman ging es für die ehemalige Seifenopern-Darstellerin («Neighbours»), die heute nur noch ab und zu als Schauspielerin aktiv ist, los. «Meine ersten vier Alben mit PWL waren Hit auf Hit, ich kannte das nicht anders», erinnert sich Minogue an diese «absolut goldene Zeit» mit Erfolgssingles wie «Especially For You» oder «Better The Devil You Know».
Die launigen, mitunter albernen Musikvideos aus dieser Zeit, in der die jugendliche Kylie verträumt durch Studiokulissen hopst, wirken heute fast unschuldig. «Das mag ich wirklich daran», sagt Minogue und muss schmunzeln. War es eine unschuldigere Zeit? «Für mich auf jeden Fall. Ich war ja erst 19 oder 20.» Irgendwann habe sie aber nicht mehr «das nette Mädchen» sein wollen. «Ich wollte was Anderes machen. Das ist ja ein Teil des Erwachsenwerdens, man probiert neue Dinge aus.»
Auf der Suche nach mehr Unabhängigkeit wechselte sie das Label. «Ich war nach ein paar Jahren frustriert, dass ich beim Songwriting nicht involviert war», erzählt sie. In den 90er Jahren entfernte sie sich vom fröhlichen Pop, experimentierte und sorgte mit überraschend düsteren Songs und Musikvideos für Aufsehen. «Confide In Me» oder das Duett «Where The Wild Roses Grow» mit Nick Cave and the Bad Seeds zeigten eine neue Seite der Sängerin. Ihr experimentelles Album «Impossible Princess» gefiel zwar Kritikern, fand in den Hitparaden aber nur ein wenig Beachtung in Grossbritannien und Australien.
Mit Beginn des neuen Jahrtausends kehrte Minogue zum eingängigen, tanzbaren Kylie-Pop zurück. Sie etablierte sich als moderne Disco-Queen mit Songs wie «Spinning Around», «Your Disco Needs You» und ihrer bis heute erfolgreichsten Single, dem Megahit «Can't Get You Out Of My Head», vor dessen «La-la-la» es einfach kein Entkommen gibt. Mit Robbie Williams sang sie das Duett «Kids». Es folgten weitere Hitsingles - und Videos, die längst nicht mehr so unschuldig waren wie früher. «Ja, die sind etwas expliziter.» Minogue grinst. «Ich hab aber immer versucht, auf dem rechten Weg zu bleiben.»
In den vergangenen Jahren blieben die grossen Charterfolge zwar aus, aber Minogue füllte weiterhin die grossen Hallen und trat obendrein mehrfach bei Geburtstagsfeiern von Königin Elizabeth II. auf. «Das ist immer aufregend», schwärmt sie. «Und ich bin sowieso ein Superfan von ihr.» Ob die Queen von England auch ein Fan der Disco-Queen ist? Minogue lacht. «Das habe ich sie noch nie gefragt. Ich hoffe schon.»
Seit vielen Jahren gilt Kylie Minogue auch als Ikone der LGBTQ-Szene. «Ich bin stolz darauf, dass es schon so war, bevor die grossen Firmen das zu Marketingzwecken entdeckt haben», betont sie. «Das ist eine natürliche Allianz. Ich bin so erzogen worden, dass ich niemals die sexuelle Ausrichtung eines Menschen in Frage stellen würde, oder wie er sein Leben leben möchte.»
Der Auftritt beim «Glasto» ist für Minogue übrigens eine besondere Herzensangelegenheit. «Das wird sehr emotional», sagt sie. 2005 hatte sie ihren geplanten Auftritt bei dem Festival absagen müssen, weil bei ihr kurz vorher Brustkrebs diagnostiziert worden war. «Ich dachte, die Chance hätte ich verpasst. Ich bin so froh, dass es jetzt klappt», sagt sie. «Es war ein langer Weg und es gab ein paar Hindernisse. Aber zum Legenden-Slot beim Glastonbury-Festival führt eben keine Schnellstrasse.»