Literatur muss nicht kompliziert sein

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Deutschland,

Zeitgenössische Literatur erreicht mittlerweile kaum grosse Kreise. Eine Initiative will das ändern und setzt auf eine einfachere Sprache.

Hauke Hückstädt ist Leiter des Frankfurter Literaturhauses. Foto: picture alliance / dpa
Hauke Hückstädt ist Leiter des Frankfurter Literaturhauses. Foto: picture alliance / dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Zeitgenössische Literatur schliesst aus Expertensicht zu viele Menschen aus.

Mit Literatur in einfacher Sprache bekomme die Literaturgeschichte ein neues Kapitel, glaubt der Literaturvermittler Hauke Hückstädt.

Er leitet das Literaturhaus Frankfurt und ist Sprecher des Netzwerks der Literaturhäuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im Piper-Verlag hat er die Kurzgeschichtensammlung «LiES. Das Buch. Literatur in Einfacher Sprache» herausgegeben. Das Buch sei entstanden unter dem Eindruck, «dass die zeitgenössische Literatur mittlerweile grosse Kreise kaum noch erreicht», schreibt der Verlag.

«Über 17 Millionen Menschen in Deutschland können nicht gut lesen», begründet Hückstädt seine Initiative. «Das ist ein sehr grosser toter Winkel, mit dem sich die Literaturbranche arrangiert hat.» Es sei nicht hinzunehmen, so viele Menschen von Literatur auszuschliessen: Menschen mit Demenz, Menschen, die Deutsch erst lernen müssten, Kinder in Inklusionsklassen, Menschen mit Leseschwäche. Literatur müsse «kein Buch mit sieben Siegeln» sein, schreibt er im Nachwort. «Was schwer ist, muss nicht besser sein.»

2016 begann er, Autorinnen und Autoren anzusprechen, ob sie sich an dem Projekt beteiligen wollten - er bekam nur ein einziges Nein. Entstanden sind 13 Texte, die in Literaturhäusern vorgelesen wurden und nun als Buch vorliegen. Die Schriftsteller mussten dafür Regeln befolgen: Einfache Wörter und kurze Sätze, keine Perspektivwechsel, keine Zeitsprünge, das Vorlesen darf nicht länger als 20 Minuten dauern.

«Die Autoren haben die Aufgabe als Bereicherung empfunden», erzählt Hückstädt. Die entstandenen Texte seien «kein Sanitätshausartikel, sondern Kunst». Mit dabei: Alissa Walser, Arno Geiger, Judith Hermann, Kristof Mangnusson, Mirko Bonné, Nora Bossong. Für ihn selbst sei es «ein Herzensprojekt», sagt Hückstädt, «das wichtigste, was ich in meinem Berufsleben gemacht habe».

Als das Buch im Frühjahr auf den Markt kam, gab es gerade nur ein Thema: Corona. Die Leipziger Buchmesse, auf der «der Funke zünden sollte», wurde abgesagt. Dennoch druckte der Piper-Verlag bald eine zweite Auflage, Hückstädt sieht darin ein Zeichen, «dass die Akzeptanz steigt, dass das weiter trägt». Inzwischen ist auch die Entscheidung für eine dritte Staffel mit weiteren zwölf Autoren gefallen. Wegen der eingeschränkten Besucherzahlen durch die Corona-Auflagen wird die Reihe aber erst 2021 fortgesetzt.

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