Mark Knopfler hat neues Album «One Deep River» veröffentlicht
In den letzten Jahren wurde es stiller um den Gitarrenvirtuosen Mark Knopfler. Doch seit Freitag steht «One Deep River» in den Regalen: Sein zehntes Soloalbum.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 12. April kam das neue Album von Mark Knopfler heraus.
- In «One Deep River» erzählt er viele verschiedene Geschichten.
Mark Knopfler (74) hält sich gerne aus der Öffentlichkeit heraus. An dem gewaltigen Andrang bei Auftritten des Gitarrenkünstlers ändert das jedoch nichts. Erst im Februar wurden ganze 120 Gitarren von Knopfler im Londoner Auktionshaus Christie's versteigert: Fast 10 Millionen Franken brachten die Instrumente umgerechnet ein.
Für sein neues Album «One Deep River» hat der Musiker sich glücklicherweise noch ein paar Gitarren erhalten. Und einige kamen noch dazu.
Mehr als fünf Jahre sind seit seinem letzten Album «Down The Road Wherever» vergangen. Sein letztes Konzert ist viereinhalb Jahre her. Es hat Knopfler in den Fingern gejuckt, wieder Musik zu machen. «Ja, natürlich», sagt er im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur in seinem Studio British Grove in West-London.
«Wenn du ein Studio hast, kann dich niemand rausschmeissen»
Eilig habe er es jedoch nicht gehabt. «Ich bin in einer privilegierten Position. Wenn du ein eigenes Studio hast, kann dich niemand rausschmeissen. Es ist ziemlich gut, wenn man einen Ort zum Arbeiten hat.»
Ideen zu neuen Liedern habe er andauernd. «Ich hatte viel zu viele Songs», erzählt er. «Ich kann mich nicht erinnern, wie viele Songs wir aufgenommen haben. Vielleicht 25 oder 30, ich weiss es nicht – aber es waren auf jeden Fall zu viele.»
Ein Dutzend sind nun auf «One Deep River», seinem zehnten Studioalbum. Weitere will er zu einem späteren Zeitpunkt auf einer EP veröffentlichen.
Bogenbrücke über den Tyne als Albumcover
Mark Knopfler hat die LP wieder mit seinem langjährigen Freund, dem früheren Dire-Straits-Kollegen Guy Fletcher koproduziert. «Guy zu haben, ist ein Vorteil. Guy und ich können jederzeit (ins Studio) schleichen und arbeiten, dafür brauche ich nicht jedes Mal eine Bandsession.»
«Aber wenn die Bandsessions dann losgehen, sind sie der Höhepunkt», erläutert er. «Das sind sie wirklich. Für alle.»
Die Augen von Knopfler, der ansonsten ruhig und unaufgeregt spricht, leuchten, während er das sagt. «Da fühlt man sich wirklich privilegiert. Man hat diesen Raum, ein Mann in jeder Ecke, und es ist phänomenal.»
Mischpult von den Beatles
Plötzlich steht der optisch unscheinbare Musiker auf. Bevor er über sein neues Album spricht, zeigt Mark Knopfler sein geliebtes Studio und die zum Teil historische Ausstattung. «Dies ist ein EMI-Redd-Mischpult, wie es die Beatles hatten», erklärt der 74-Jährige.
Weiter geht es mit einem Pult, das Paul McCartney und Wings einst für «Band On The Run» verwendeten. «Es ist das Original.» Zehn Minuten dauert die Führung, in der Knopflers Leidenschaft für die Musik und die Aufnahmetechnik deutlich wird.
Mark Knopfler und andere Grössen: Gemeinsame Wurzeln
Der in Glasgow geborene Mark Knopfler wuchs im Nord-Osten Englands im Örtchen Blyth nahe Newcastle auf. Eine Region, aus der auch Musikergrössen wie Hank Marvin, Eric Burdon, Sting und AC/DC-Sänger Brian Johnson stammen.
Das Albumcover von «One Deep River» ziert die berühmte Bogenbrücke über den Tyne, den tiefen Fluss, an dem Newcastle liegt. Die Kindheit als Geordie (so nennt man die Menschen, die aus der Region Tyne and Wear stammen) habe ihn geprägt. Dort zu bleiben, kam für ihn jedoch nicht infrage.
«Sie werden ihre Heimat nie verlassen. So bin ich nicht.»
«Ich glaube, das Gefühl, den Tyne zu überqueren, ist für mich zu etwas Symbolischem geworden», erzählt der Gitarrenvirtuose.
«Das ländliche England zu verlassen und in London oder New York zu leben, der Gedanke dahinter war rauszukommen. Gestern Abend habe ich ein paar Freunde aus Newcastle getroffen. Die kennen jede Strasse, wie Rallyefahrer, sie kennen jedes Schlagloch und werden ihre Heimat nie verlassen. Und so bin ich nicht.»
Unbeschwert, nostalgisch, sehnsüchtig
Nach so langer Zeit klingt die neue Musik von Mark Knopfler angenehm vertraut. Dieser markante Gitarrensound und die warme, sanfte Bariton-Stimme prägten Welthits wie «Sultans Of Swing» oder «Brothers In Arms». Die neuen Lieder sind gewohnt unbeschwert, fast gemütlich und dabei voller Melancholie, Nostalgie und Fernweh. «That's my train coming, I can hear the whistle blow», singt er in «Before My Train Comes» zu sanfter Slide-Gitarre.
Mark Knopfler erzählt unterschiedliche kleine Geschichten, nicht nur aus dem Nord-Osten Englands. Er singt von Gehversuchen als Musiker («Two Pairs Of Hands», «Ahead Of The Game»). Von der Arbeit auf einem Schrottplatz («Scavenger's Yard») und dem Eisenbahnraub in Oregon vor rund 100 Jahren («Tunnel 13»).
Stilistisch mischt er dabei wie gewohnt Einflüsse aus Blues, Folk, Country und Rock'n'Roll mit starkem Americana-Einschlag. Ein Höhepunkt ist «Sweeter Than The Rain». Die Western-Ballade erinnert an den grossen Johnny Cash.
Leidenschaft für Gitarre ungebrochen
Mark Knopflers Leidenschaft für die Gitarre, die früh durch Hank Marvin und dessen Band The Shadows geweckt wurde, ist ungebrochen. Auf «One Deep River» sind auch ganz neu angeschaffte Instrumente zu hören.
«Ich habe eine kleine Gitarre gefunden, die ich auf vier oder fünf Songs des Albums spiele», verriet er. Auch wenn er sich von einem beachtlichen Teil seiner riesigen Kollektion verabschiedet hat, werde er weiter Gitarren sammeln, versichert Knopfler. «Das hört nie auf.»