Politaktivist und U2-Sänger Bono wird 60
Der irische Frontmann von U2 steht seit über 40 Jahren auf der Bühne. Bekannt für sein humanitäres Engagement, singt er jetzt nicht nur über die Corona-Krise, sondern hilft auch konkret. Nun wird er 60.
Das Wichtigste in Kürze
- In Krisenzeiten wie diesen blüht Bono auf: Er verhalf nicht nur der irischen Regierung zu medizinischer Schutzausrüstung und spendete dafür zehn Millionen Euro zusammen mit seinen U2-Bandkollegen.
Am irischen Feiertag St. Patrick’s Day am 17. März veröffentlichte er ausserdem seinen ersten neuen Song seit drei Jahren - natürlich über die Corona-Krise. Am kommenden Sonntag (10. Mai) feiert der Politrebell seinen 60. Geburtstag. Seine Fans werden weltweit unter dem Hashtag #bonosglobalbirthdaybash online auf ihn anstossen können.
Bono wuchs als Paul Hewson im Dublin der 70er Jahre auf, in einer irischen Arbeiterfamilie, mit - damals sehr ungewöhnlich - einem katholischen Vater und einer anglikanischen Mutter, Iris. Sie starb ein paar Tage nach der Beerdigung ihres Vaters an einer Gehirnblutung als Bono 14 war. «Durch ihre Abwesenheit bin ich Künstler geworden», sagte er später der «Sun». «Ich dachte, die Wut, die ich hatte, gehöre zum Rock'n'Roll, aber die Wut war Trauer.» Bono widmete ihr mehrere Songs, darunter «Iris (Hold Me Close)».
Der Verlust entfremdete ihn weiter von seinem Vater, der ihm - so Bono im «Independent» - den unausgesprochenen Ratschlag «Träum nicht! Wer träumt, wird enttäuscht» mitgab. Doch Bono träumte gross und schloss sich erst einer Streetgang an, bevor er mit anderen Schulkameraden eine Band gründete. 1976 begannen sie als «Feedback» und tauften sich zwei Jahre später in «U2» um.
Mit mehr Leidenschaft als Können probten sie in der Küche von Schlagzeuger Larry Mullens Familie: Bono sang und spielte Gitarre, mit David Evans «The Edge» an der Gitarre und Adam Clayton am Bass. Während sie ihre ersten beiden Platten aufnahmen, schloss sich Bono zusammen mit Evans und Mullen der evangelikalen Bewegung «Shalom» an, die sie schliesslich vor die Wahl stellte: Entweder Band oder Bibel.
Glücklicherweise entschieden sich die drei für ihre Musik - und einen Glauben unabhängig von jeder organisierten Kirche. Ein Thema, das sich durch viele ihrer Werke zieht: «One» vom Album «Achtung Baby» zum Beispiel handelt davon, sich mit seinen Freunden zusammenzutun, um Gott auf eigene Faust zu finden. Spirituelle Fragen verstecken sich in vordergründigen Liebesliedern wie «With or Without You» oder der Hymne «I Still Haven't Found What I'm Looking For». Bono singt über die Entstehung des Evangeliums in «The Fly» und erklärt Judas Liebe zu Jesus in «Until the End of the World».
Ihr 1987er Album «The Joshua Tree» führte weltweit die Charts an und machte U2 zu internationalen Superstars. Zwei Jahre zuvor hatte Bono schon bei dem Wohltätigkeitskonzert Live Aid einen bleibenden Eindruck hinterlassen, als er über die Sicherheitsbarrikade in den Publikumsbereich sprang und mit einem Mädchen aus der Menge tanzte. Seit U2s ersten Kneipenauftritten ist er bekannt dafür, die emotionale Nähe des Publikums zu suchen. Daran hat sich auch vier Jahrzehnte später nichts geändert.
Auch nichts geändert hat sich an seinen Stellungnahmen zu aktuellen Ereignissen. Bono und U2 haben sich schon immer sozial und politisch engagiert: Mit ihrem Welthit «Sunday Bloody Sunday» (1983) beispielsweise, bei dem die Gitarre an den Marsch der Fusssoldaten während der Unruhen in Nordirland erinnert. Oder mit der Benefiz-Konzertserie Live 8 im Jahr 2005 gegen Armut. Bono hat sich ausserdem für den Schuldenerlass der Dritten Welt und für die Umwelt stark gemacht.
«Wie wir an einem Ort leben, beeinflusst das Leben an jedem anderen Ort. Keiner von uns ist wirklich eine Insel», predigte der Rockstar laut «Billboard» im vergangenen November seinen Fans auf der letzten U2-Tour während der verheerenden Buschbrand-Saison in Australien. «Vom Anstieg des Meeresspiegels in einem Land bis hin zu katastrophalen Bränden in Eurem. Grosse Krise. Globale Krise. Aber wir können diese Brände löschen, wenn wir gemeinsam als Einheit handeln.»
Bonos Beitrag zu dem jüngsten U2-Album «Songs of Experience» (2017) wurde stark von einer Nahtod-Erfahrung beeinflusst - doch mehr will er dazu nicht sagen. «Ich weiss, dass U2 an jedes Album herangehen, als wäre es ihr letztes», sagte er «Rolling Stone». «Aber diesmal wollte ich noch mehr, dass die Leute um mich herum, die ich liebe, genau wissen, wie ich mich fühle.»
Der Rockstar hat inzwischen einige gesundheitliche Probleme überstanden, darunter einen schweren Fahrradunfall in New York und eine Notoperation an der Wirbelsäule in München. Und seit 20 Jahren lässt er sich fast nur mit Sonnenbrille blicken, weil er an einem Glaukom leidet, das die Augen lichtempfindlich macht.
Nun hat er am St. Patrick’s Day den Song «Let Your Love Be Known» auf Instagram veröffentlicht. Inspiriert wurde er von Italienern, die gemeinsam auf dem Balkon musizieren, um die Ausgangssperre zu umgehen. Seinen Song widmet er dem Gesundheitspersonal und allen, die «in der Klemme sitzen und noch singen».