Ratgeber-Verlage suchen neue Trends
Das Wichtigste in Kürze
- Macht Dich das wirklich glücklich? Mit dieser einfachen Frage hat die Japanerin Marie Kondo einen weltweiten Aufräum-Boom ausgelöst.
Ihr Ratgeber «Magic Cleaning» wurde in mehr als 20 Sprachen übersetzt, allein in Deutschland wurden bisher knapp 400.000 Bücher verkauft. Damit hat Kondo auch ihren Verlag Rowohlt sehr glücklich gemacht, denn dieser Absatz ist enorm für einen Ratgeber. Auf der Leipziger Buchmesse präsentiert Rowohlt nun zusätzlich eine Manga-Version der Aufräum-Bibel.
Lifestyle und Lebenshilfe sind ein dicker Trend im Ratgeber-Markt. Allerdings reicht er nicht, um die Sparte insgesamt zu ziehen. Im Gegenteil: Voriges Jahr ging der Umsatz mit Ratgebern um 1,2 Prozent zurück, 2017 waren es 2,3 Prozent. Auch die Zahl der Titel sinkt. 2016 kamen nach Angaben des Börsenvereins 13.168 Novitäten auf den Markt, 2017 waren es 10.277 und voriges Jahr noch 9623.
«Der Ratgeber-Markt bröselt ein bisschen», sagt Ulrich Ehrlenspiel, Geschäftsführer des Marktführers Gräfe und Unzer (GU). Verantwortlich dafür sei das Internet: «Alles ist googlebar.» Anlass für Schwarzmalerei sieht Ehrlenspiel allerdings nicht. Als reinen Zahlenbeleg führt er Umsatzzuwächse in den ersten beiden Monaten dieses Jahres an.
Zudem will der GU-Geschäftsführer das Netz überhaupt nicht verteufeln. Der Auftrag an die gedruckten Ratgeber habe sich wegen der elektronischen Konkurrenz einfach radikal verändert. Simple Anleitungen, zum Beispiel für die ersten Yoga-Versuche, brauche niemand mehr. «Da ist man mit jedem Youtube-Video besser bedient.» Wenn es aber darum gehe, Yoga-Ikonen wie Mady Morrison näher zu kommen, sei ein Buch immer noch das Mittel der Wahl. «Die Netzgemeinde kauft durchaus Bücher, wenn sie von ihrem Idol stammen», sagt Ehrlenspiel.
Zudem ist der Ratgeber-Markt stark trendabhängig. Voriges Jahr legten die Lebenshilfe- und Achtsamkeits-Berater beim Umsatz zu, während der Klassiker Kochbuch ein Minus einfuhr. Trotzdem glaubt der GU-Geschäftsführer: «Wir haben keine intrinsische Krise des Kochbuchs. Es gibt aber eine Trendflaute.» Grosse Hypes wie Veganes Kochen, Grüne Smoothies oder Grillen wie vor einigen Jahren fehlten derzeit. «Da ist nichts Adäquates nachgekommen.» Es seien Wellenbewegungen, sagt Ehrlenspiel.
Den nächsten grossen Trend aufzuspüren ist damit eine der wichtigsten Aufgaben der Ratgeber-Branche. Dabei ist wiederum das Internet eine wichtige Quelle. Rowohlt ist es mit Marie Kondo geglückt, die Nadel im Heuhaufen zu finden. Das Buch sei in Japan irrsinnig erfolgreich gewesen, in Deutschland sei es dagegen eher sukzessive entdeckt worden, heisst es vom Verlag. Dass die Japanerin neuerdings auch noch bei Netflix («Tyding up mit Marie Kondo») aufräumt, kommt Rowohlt auch nicht ungelegen. «Das befeuert das nochmal. Seitdem redet jeder drüber.» Aber in Hamburg ist man sicher: «Den Erfolg hatte definitiv das Buch.»