Noch immer leidet die Musikbranche. Viele Konzerte werden abgesagt, weil im Vorfeld zu wenige Tickets verkauft werden. Auch Sebastian Madsen kennt das Problem. «Es ist wichtig, dass man wieder Vertrauen gewinnen kann», sagt der Sänger im Interview. «Es ist okay, wieder Tickets zu kaufen.»
Sebastian Madsen startet mit seinem Solo-Album «Ein bisschen Seele» durch.
Sebastian Madsen startet mit seinem Solo-Album «Ein bisschen Seele» durch. - Joris Felix

Die Musikbranche hat besonders in den Corona-Lockdowns gelitten, doch diese Krise ist nicht vorbei: Auch jetzt sind viele Fans noch zögerlich, bevor sie Tickets für Konzerte kaufen - insbesondere im Herbst und Winter. «Ich verstehe die Unsicherheit der Menschen, dass ihre Tickets wieder am Kühlschrank verstauben», sagt Sebastian Madsen (41) im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news. «Es ist jetzt aber wichtig, dass man die Situation annimmt.» Der Madsen-Sänger appelliert deshalb an die Fans, «wieder Tickets zu kaufen».

Aktuell macht der Musiker seinen ersten Solo-Ausflug abseits der Indie-Rockband Madsen. Am 30. September ist sein Album «Ein bisschen Seele» erschienen, auf dem er einen Trip in den Soul unternimmt. Im Interview verrät er auch, warum von seinen Bandkollegen «niemand überrascht» von seinem Soloprojekt war.

Was halten Ihre Bandmitglieder von Madsen von Ihrem Solo-Ausflug?

Sebastian Madsen: Mit der Pandemie waren wir in einer Situation, in der wir 18 Jahre lang nicht waren. Wir haben uns alle wirklich lange nicht gesehen. Ich hing mit meinem Bruder Johannes (Sänger und Gitarrist bei Madsen, Anm. d. Red.) herum. Niko (Bassist, Anm. d. Red.) und mein kleiner Bruder Sascha (Schlagzeuger, Anm. d. Red.) haben Familie und Kinder. Für die beiden war klar, dass sie sich einfach ihrem Familienbusiness widmen. Ich habe sie in alles mit einbezogen. Sie sind sowieso von mir gewohnt, dass ich ständig Output habe und ihnen Songs schicke. Deswegen war da niemand überrascht.

Als es darum ging, dass ich das auch veröffentlichen will, habe ich sofort vollstes Vertrauen genossen. Sie haben mich alle unterstützt und wir waren trotzdem ein Team. Das ist total schön. Auch wenn meine Bandmitglieder von Madsen eigentlich gar nichts davon haben, sind sie trotzdem kollegial und gerne dabei. Ich will ja auch nicht, dass das Soloprojekt meine Hauptbeschäftigung wird. Ich habe einfach das Bedürfnis, eine andere Seite von mir zu zeigen. Wenn sich ein paar Leute mit mir freuen, ist das cool, aber natürlich ist meine Hauptband immer Madsen. Und das wissen meine Kollegen auch.

Werden Sie Ihr Soloprojekt weiter vorantreiben?

Madsen: Ich lege mir damit einen Grundstein. Ich habe mir eine Band in Berlin zusammengesucht, mit Bläsern und Background-Sängerinnen. Das Programm haben wir uns bereits erarbeitet. Es wäre schade, nur ein Konzert dieses Jahr zu spielen und das war es dann schon. Ich hätte auf jeden Fall Lust, noch ein paar Konzerte zu spielen. Da muss man aber erst mal abwarten, ob Leute wieder bereit sind, Tickets zu kaufen, auch für Acts, die sie noch nie gesehen haben.

Ich kann mir aber auf jeden Fall vorstellen, dieses Ventil weiter zu nutzen, weil ich glaube, dass es für Madsen gut ist, wenn man zwischendurch mal nach links und rechts guckt und auch andere Sachen macht. Bei meinem kleinen Bruder ist das auch so: Sascha hat zum Beispiel bei The Screenshots Schlagzeug gespielt und probiert sich auch gerade noch mit anderen Projekten aus. Wenn man 18, bald 19 Jahre in der Band zusammenspielt und seinen Stil gefunden hat, dann kann man es sich natürlich bequem machen und in seinem Zyklus weiterarbeiten. Ich glaube aber, dass Inspiration von aussen wichtig ist, um die Hauptband weiter voranzutreiben.

Ich habe gelesen, dass Sie mit Ihren Eltern und Geschwistern noch immer unter einem Dach wohnen. Stimmt das?

Madsen: Das stimmt bedingt. Ich pendle zwischen dem Wendland und Berlin hin und her. Wir haben lange bei uns im Elternhaus geprobt. Aber schon etwa vor 20 Jahren haben meine Eltern auf das grosse Grundstück noch ein Haus gebaut. Dort proben wir immer noch, da sind wir unter uns. Nur manchmal gehen wir rüber zu unseren Eltern Kaffeetrinken, sind sonst aber ganz autark. Ich bin froh, dass es das so gibt, habe aber durch die Pandemie gemerkt: Wenn ich jetzt nur dort wäre, fände ich es einseitig. Ich finde es schon auch cool, die Hälfte meiner Zeit in Berlin zu sein.

Sie haben in einem Interview gesagt, dass dieser Winter hart wird für alle Kulturschaffenden. Erwarten Sie wieder Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie?

Madsen: Ich bin wie alle Menschen Hobby-Virologe (lacht). Auf meine Meinung sollte man nicht viel geben. Aber ich sehe die Zeichen und auch die steigenden Gaspreise. Wir hatten mit Madsen im Frühjahr und Sommer mit unseren Nachholkonzerten und Festivals grosses Glück. Das war alles top besucht. Dafür geht bei den Shows, die wir jetzt für den Herbst und Winter buchen, nicht viel ausser bei den ganz grossen Künstlern. Das ist schade, aber ich verstehe die Unsicherheit der Menschen, dass ihre Tickets wieder am Kühlschrank verstauben.

Es ist jetzt aber wichtig, dass man die Situation annimmt. Es geht natürlich wieder los mit steigenden Infektionszahlen, aber ich habe das Gefühl, dass man sich an alles gewöhnen kann. Ich möchte das nicht kleinreden, auch ich werde wieder sehr vorsichtig im Winter sein. Es ist nur wichtig, dass man wieder Vertrauen gewinnen kann, dass Musiker mal wieder ihre Touren zu Ende spielen und die Leute merken: Das pendelt sich wieder ein. Es ist okay, wieder Tickets zu kaufen. Mir ist klar, dass dieser Prozess etwas dauern wird. Aber ich bin optimistisch.

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