Sheryl Crow geniesst das Leben
Auf ihrem neuen Album hat Sheryl Crow zahlreiche Musikergrössen zum Duett eingeladen. Die US-Sängerin ärgert sich zwar über die gesellschaftliche und politische Situation in ihrer Heimat, trotzdem geniesst sie das Leben.
Das Wichtigste in Kürze
- Wer Sheryl Crow in diesen Tagen erlebt, ob bei einem Konzert oder im Interview über ihr neues Album «Threads», der spürt ihre ansteckende Lebensfreude.
«Nur weil man älter wird, heisst das ja nicht, dass man keinen Spass mehr haben kann», sagt die 57 Jahre alte US-Sängerin und Songwriterin («All I Wanna Do») im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. «Erst wenn man älter wird, hat man wirklich etwas gelernt. Erkenntnisse, harte Rückschläge. Und dann versteht man es, mit Dankbarkeit und Freude zu leben.»
Sheryl Crow hat selbst harte Rückschläge erlebt, allen voran die Diagnose Brustkrebs im Jahr 2006. Kurz zuvor war die Trennung von ihrem Verlobten, dem Rennradfahrer Lance Armstrong, bekannt geworden. Sie besiegte den Krebs. Und heute lässt sich die alleinerziehende Mutter von zwei Jungs nicht mehr leicht aus der Ruhe bringen. «Über die kleinen Dinge regt man sich dann nicht mehr auf», sagt Crow.
Darum geht es auch in dem lässigen Gute-Laune-Song «Still The Good Old Days», den sie auf ihrem neuen Album mit dem Eagles-Gitarristen Joe Walsh singt. «Wir beide scherzen, dass das hier ja immer noch die guten alten Tage sind», sagt sie. «Weil wir uns dran erinnern können. Joe hatte viele Jahre, wo er ein bisschen im Eimer war.» Bis in die 90er Jahre hatte Walsh mit Alkohol- und Drogenproblemen zu kämpfen. Die gute alte Zeit? Für Crow zählt die Gegenwart mehr.
Neben Walsh sind auf «Threads» (zu deutsch: Fäden) viele Musikgrössen als Gäste zu hören, darunter Stevie Nicks, Eric Clapton, Rapper Chuck D und die 80-jährige Blues- und Soulikone Mavis Staples. Sehr emotional sei es für sie gewesen, dieses Album zu machen und «mit Leuten zu arbeiten, deren Alben ich als Kind besessen habe», schwärmt Crow.
Mit Clapton, mit dem sie einst liiert war, und mit Sting coverte sie George Harrisons «Beware Of Darkness». «Ich habe Eric aus nahe liegenden Gründen gefragt», erzählt Crow. «Er war immer ein lieber Freund und eine grosse Inspiration.» Auch Sting sei «ein grossartiger Freund», betont Crow. «Er war immer für mich da. Er war da, als bei mir Brustkrebs diagnostiziert wurde, und hat mich echt unterstützt.»
Höhepunkt ihres abwechslungsreichen Albums ist «Redemption Day», ein ergreifendes Duett mit der 2003 gestorbenen Country-Legende Johnny Cash. «Kommt, ihr Anführer, kommt, ihr bedeutenden Männer, lasst uns eure hochtrabenden Reden hören», singt Cash - und klingt 16 Jahre nach seinem Tod so aktuell, als hätte er dies erst gestern aufgenommen. «Eure Tugenden habt ihr weggeworfen, wir hören euch nicht zu.»
1996 hatte Crow den Song erstmals veröffentlicht, 2002 nahm Cash seine Coverversion auf, bei der sich Crow nun mit Zustimmung von Cashs Familie für das Duett bediente. «Auf eine mystische Art schliesst sich der Kreis», sagt sie. «Bei allem, was in der Politik in den USA passiert, und dem aktuellen Klima, der gesellschaftlichen Spaltung und dem Angriff auf die Wahrheit, habe ich das Gefühl, dass der Song wirklich seinen perfekten Moment gefunden hat.»
In dem bildgewaltigen Musikvideo zu «Redemption Day», das Szenen von Kriegsschauplätzen und Demonstrationen mit Bildern von Politikern und den beiden Musikern mischt, geht Crow auf die Knie und weint. «Es macht mich persönlich sehr betroffen, dass wir unsere Lektion offenbar nicht gelernt haben», erklärt sie. «Ich nehme es persönlich, dass unsere derzeitige Regierung sich absolut nicht darum kümmert, welche Auswirkungen ihr Handeln auf die nächsten Generationen hat.»
«Threads» könnte Sheryl Crows letztes Album sein. Weil die Musik ohnehin «nur in Einzelstücken in Playlisten landet», werde sie in Zukunft lieber einzelne Songs veröffentlichen. Ein Ende der Musik ist für sie nicht in Sicht. «Ich bin extrem dankbar, dass ich das, was ich tue, immer noch machen kann, dass es mir gesundheitlich gut geht, dass es mir Spass macht und ich mich jugendlicher fühle als je zuvor», sagt Crow und strahlt. «Das Leben ist also gut.»