So kam Daniel Aminati mit einem Fünf-Punkte-Plan aus der Drogensucht
Daniel Aminati gehört zu den bekanntesten TV-Gesichtern in Deutschland. Seine Karriere begann mit der Boyband Bed & Breakfast schon in jungen Jahren. In seinen dunkelsten Zeiten verfiel Aminati den Partydrogen. Wie er es aus der Sucht geschafft hat, verrät er im Interview.
Daniel Aminati (48) sieht im Fernsehen immer gut gelaunt aus und ist seit Jahren das Gesicht von ProSieben. Ausserdem wird der Entertainer bald zum ersten Mal Vater. Seine eigene Kindheit mit einem gewalttätigen Vater hat er in seiner Biografie «Am Abgrund wachsen dir Flügel: Du scheiterst erst, wenn du aufgibst» (Ariston Verlag) verarbeitet. Der Nachrichtenagentur spot on news hat Aminati erklärt, wie er das Beste aus seiner damaligen Situation gemacht hat gleichzeitig von den Drogen weg kam.
Ihr Leben ist alles andere als durchschnittlich. Das kann man jetzt alles in Ihrer Autobiografie «Am Abgrund wachsen dir Flügel» nachlesen. Wie hat Ihr Umfeld auf Ihr Buch reagiert?
Aminati: Mir war selbst vieles nicht mehr bewusst. Sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen, bringt auch wieder zahlreiche Erinnerungen hervor und diese komprimiert auf 300 Seiten zu lesen, wird mit Sicherheit überraschen. Freunde und Bekannte werden auch das eine oder andere entdecken, was sie noch nicht wussten. Meine Schwestern, genauso wie meine Halbbrüder Ingo und Arno, haben mir beim Buch Rede und Antwort gestanden. Meine Mutter, der dieses Buch gewidmet ist, hat mir mit ihren Geschichten sehr geholfen, dieses Puzzle zusammenzusetzen.
Sie haben von Ihrer schwierigen Kindheit und Ihrem gewalttätigen Vater berichtet. Würden Sie das Buch genauso schreiben, wenn er noch leben würde?
Aminati: Ja, ich glaube schon. Es sind Dinge, die passiert sind. Es ist für mich natürlich auch eine Aufarbeitung und ein Loslassen, um den Heilungsprozess in Gang zu setzen. Meine Vergangenheit, gerade wenn es keine angenehme war, darf nicht meine Zukunft bestimmen. Dafür sollten wir uns aber auch unseren Dämonen stellen. Beschönigen muss ich aber auch nichts.
Sie wirken immer sehr positiv. Das Buch war für Sie auch Teil Ihrer Heilung. Wie war der Schreibprozess für Sie?
Aminati: Es flossen eine Menge Tränen und es ging schonungslos ans Eingemachte. Während des Schreibens kam auch Stolz zum Vorschein. Stolz deshalb, weil ich mich lange Zeit trotz dieses Lebens nicht habe unterkriegen lassen. Ich war kurz davor, aufzugeben und freiwillig aus dem Leben zu gehen. Irgendwas hielt mich davon ab und mobilisierte neue Kräfte. Ich traf daraufhin Entscheidungen, die mich glücklicherweise wieder in die richtige Richtung geschoben haben.
Eine der wichtigsten Momente war, dass ich verstand, was für eine Macht in mir wohnt, wenn ich mich aus der Opferhaltung in die Eigenverantwortung begebe und mein Leben konstruktiv gestalte. Es ist extrem wichtig, sich seinen eigenen Wert zu schaffen, ohne ihn ständig von aussen einzufordern. Die eigene Wertigkeit entspringt im Optimalfall im ersten Schritt aus einer tollen und liebevollen Erziehung. Doch rundum intakte Familien gibt es kaum. So war diese auch bei mir nicht gegeben. Wir sind alle irgendwie auf der Suche, nach Glück und tiefer Zufriedenheit.
Sie haben eine «Steh auf»-Einstellung. Wie sind Sie immer wieder aufgestanden?
Aminati: Eine wichtige Zutat, um sich zu entwickeln, sind Niederlagen. Nichts ist ohne sein Gegenteil. Das heisst aber auch Niederlagen zu akzeptieren, ohne in ihnen zu verharren. Wir müssen verstehen, dass dieser Prozess des Vorwärtskommens auch viel mit Hinfallen zu tun hat. Wir müssen Entscheidungen treffen, die alte Muster neu überschreiben, die in die richtige Richtung führen. Die richtige Richtung ist die, die sich gut anfühlt.
Sie sprechen in Ihrem Buch auch von ihrer Boybandzeit bei Bed & Breakfast und dem Abgrund, an dem Sie standen. Was hat Ihnen geholfen, wieder in die richtige Richtung zu gehen?
Aminati: Ich habe mir damals einen Fünf-Punkte-Plan gemacht, der daraus resultierte, dass ich bei der Drogenberatung war. Ich bin alleine hingegangen und habe gesagt: «Leute, ich habe hier irgendwie ein Problem.» Viele saufen sich jedes Wochenende ganz legal den Kopf zu. Bei mir waren es die Partydrogen. Es hat sich ein Automatismus gebildet, aus dem ich nicht rauskam. Wichtig in dieser Zeit war eine Orientierung, eben dieser Plan, den ich mir dann erstellt habe. Der war wie ein Fixstern oder ein Navigationsgerät. Ich musste diesem nur folgen.
Die Punkte, die ich mir notierte, waren wie folgt: Hör auf zu jammern. Meide das Umfeld, das dir nicht guttut. Mach' Sport und ernähre dich bewusst. Lies die richtigen Bücher und sei dir für nichts zu schade. Daran hielt ich mich. Das war der Moment, an dem ich gesagt habe: Die Popstar-Karriere ist jetzt erst mal vorbei. Du hast Schulden. Jetzt krempel' die Ärmel hoch. Dann habe ich Schuhe verkauft, Fenster geputzt, als Kurierfahrer gearbeitet. Ich entwickelte dabei eine Art von Demut und Dankbarkeit.
Vom Fussballer zum Boyband-Star zum Fernseh-Gesicht. Was hat Ihnen am besten gefallen? Wo sehen Sie Ihre Zukunft?
Aminati: Meine Zukunft sehe ich auf der Bühne. Ich bin schon seit über 30 Jahren auf der Bühne und das ist mein Metier. Es geht mir inzwischen aber nicht mehr um mein eigene ICH. Als Sänger, Moderator und Schauspieler dreht es sich ganz viel um das Ego. Inzwischen finde ich es wahnsinnig spannend und toll, Menschen zu inspirieren und sie in ihre Kraft bringen zu dürfen. Deswegen habe ich auch dieses Buch geschrieben. Es soll ein Mutmacher sein: Egal, wie aussichtslos deine Geschichte derzeit zu sein scheint, es gibt die Möglichkeiten, das Ruder herumzureissen, wenn du bereit bist, Entscheidungen zu treffen. Wir selbst sind die Regisseure in unserem Leben und das möchte ich versuchen, auf der Bühne weiterzugeben.
Im Herbst 2022 gibt es eine Deutschland-Tour. Es wird dabei aber keine typische Buch-Tour sein. Ich bin Unterhalter. Und genau deshalb wird es eher eine Motivations-Entertainment-Show werden. Ich habe meine Musiker dabei. Wir werden einen bunten Abend haben, der gespickt ist mit tollen Geschichten von bewundernswerten Menschen. Wir werden zusammen lachen, aber vielleicht auch die eine oder andere Träne verdrücken. Schlussendlich möchte ich, dass die Zuschauer nach diesem Abend nach Hause gehen und den Spirit verspüren, der ihnen sagt: Jetzt greife ich´s endlich an!
Glauben Sie an Schicksal?
Aminati: Ich glaube, dass es mehr gibt als das, was wir sehen. Ich denke, dass man das Schicksal auch ein Stück weit beeinflussen kann, dass wir täglich etwas für unser Schicksal tun dürfen. Wenn du gute Dinge tust, werden dir gute Dinge widerfahren. Vielleicht nicht sofort, aber bestimmt irgendwann.
Sie stehen immer früh auf, um alles aus dem Tag herauszuholen ...
Aminati: Das ist richtig. In der Regel zwischen 4 und 4:30 Uhr. Diese ruhige Zeit ist für mich Quality Time ist. Ich verbringe morgens sehr gerne Zeit mit mir. Das sind goldene Momente, wenn alles ruhig ist und nichts stört. Eine Verabredung mit mir selbst zu haben, tut mir unwahrscheinlich gut. Dann heisst es für mich Meditation, Lesen, Sport.
Haben Sie das Gefühl, angekommen zu sein im Leben?
Aminati: Ja, das habe ich (lacht). Ich weiss natürlich, dass auch zukünftig Dinge passieren werden, die ich mir anders gewünscht hätte. Ich meine inzwischen aber zu verstehen, ganz gut damit umzugehen. Wir haben zu jederzeit die Möglichkeit zu bestimmen, wie wir reagieren. Wir haben jederzeit die Möglichkeit, unsere Gefühle zu bestimmen, wenn wir zum Beispiel anfangen gut und bewusster zu denken. Schon alleine diese Einsicht ist Gold wert.
Alles im Leben hält eine Erkenntnis bereit. Eine Erkenntnis lebe ich täglich, und zwar die, dass ich lieber lache und in der Freude bin als schlecht gelaunt zu sein. Dieser Zauber braucht aber auch immer wieder Aufmerksamkeit und das immer und immer wieder. Leben ist das, was wir draus machen.