Tatort: Der Täter von «Der Mörder in mir» muss nicht ins Gefängnis
Das plötzliche Ende im Tatort «Der Mörder in mir» wirft viele Fragen auf. Auf eine Erklärung, weshalb der Täter nur milde bestraft wird, wird verzichtet.
Das Wichtigste in Kürze
- Für viele zu abrupt – der Stuttgarter Tatort «Der Mörder in mir» endet zu plötzlich.
- «Mord durch Unterlassen», so lautet das Urteil.
- Hier eine Erklärung, warum dieses Urteil meist nur zu einer geringen Strafe führt.
Dies war für manche Zuschauer zu plötzlich. Das Ende beim Stuttgarter Tatort: «Der Mörder in mir» ist sehr abrupt. Viele Fragen sind dabei noch ungeklärt.
Weswegen wird der Täter jetzt verurteilt? Warum ist Mord plötzlich vom Tisch? Und warum hängt alles an der Aussage der Nachbarin? Wieso wäre mit der Aussage von Laura Rensing eine Mordanklage möglich?
Diese Frage stecken hinter einem realen Dilemma: Der Gesetzgeber verurteilt bei einem Mord auf eine lebenslange Freiheitsstrafe vor, dies ohne Ausnahme. Bei einem versuchten Mord durch Unterlassen wird der Täter zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Häufig wird dies bei Verkehrsunfällen mit Fahrerflucht verhängt.
Mord durch Unterlassen
Bei einer fahrlässigen Tötung hingegen ist das oft anders. Das Gericht hat in diesen Fällen sogar die Möglichkeit, auch eine Geldstrafe auszusprechen und auf eine Freiheitsstrafe gänzlich zu verzichten.
Diese Diskrepanz ist riesig: Eine lange Haftstrafe zerstört Existenzen. Eine Geldstrafe ist in vielen Fällen deutlich leichter verkraftbar. Doch wie genau kommt es zu den Unterscheidungen?
Und warum keine Mordanklage beim Tatort «Der Mördern in mir»?
Theoretisch ist eine Verurteilung wegen versuchten Mordes bei diesem tödlichen Unfall mit Fahrerflucht möglich. Dies, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Täter wusste oder davon ausgehen musste, dass er einen Menschen angefahren hat. So haben echte Gerichte bei ähnlichen Fällen zum Beispiel bereits eine versuchte Tötung durch Unterlassen festgestellt.
Das Landgericht Stuttgart urteilte zum Beispiel in einem Fall aus dem Jahre 2015. Eine Frau habe einen billigend in Kauf genommen, dass durch ihre unterlassene Hilfeleistung jemand stirbt.
Als Mordmerkmal stellten die Richter die Verdeckung einer Straftat fest. Dies, weil die Fahrerin durch das Entfernen vom Unfallort nicht ertappt werden wollte. Alles ähnlich wie im «Tatort».
Herr Dellien bleibt wahrscheinlich ein freier Mann
Aber anders als im realen Fall hatte im Tatort Dellien keine schweren Schäden am eigenen Fahrzeug. Somit könnte ein Gericht womöglich nicht allein aufgrund des beschädigten Fahrzeugs des Anwalts davon ausgehen, dass er einen Menschen anfuhr. Das Gericht müsste ihm genau das aber nachweisen.
Das scheint fast unmöglich, wenn Frau Rensing nicht aussagt: Nur sie könnte bestätigen, dass Herr Dellien die Mütze des Opfers in seinem Besitz hatte. Somit wusste Dellien, dass er einen Menschen anfuhr. Vor Gericht wird der Täter aber nichts davon zugeben. Somit bliebe realistisch nur noch eine vergleichsweise milde Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung: Herr Dellien bliebe mit hoher Wahrscheinlichkeit ein freier Mann.