Musiklegende John Cale überrascht mit einem neuen Album nur zwei Jahre nach seinem letzten Werk.
John Cale
John Cale, eine Musiklegende, bringt nur zwei Jahre nach seinem letzten Album ein neues Album heraus. Foto: picture alliance / Rahav Segev/ZUMA Wire/dpa - dpa-infocom GmbH

Nicht einmal zwei Jahre nach seinem letzten Album veröffentlicht Musikpionier John Cale eine neue Platte. Ein würdiges Spätwerk – Highlight inklusive. Es ist noch keine zwei Jahre her, dass John Cale sein hochgelobtes Album «Merci» veröffentlicht hat. Und das nach über zehn Jahren Pause.

Nun kommt schon seine neue Platte mit dem verspielten Titel «POPtical Illusion» (14.6.) auf den Markt, und der Gedanke drängt sich auf, dass es sich dabei um übrig gebliebenes Material der letzten Platte handeln könnte, das der 82-jährige Multiinstrumentalist und Mitgründer von The Velvet Underground da versammelt hat.

«Merci» hätte problemlos als Schlusspunkt einer beeindruckenden Musikerkarriere durchgehen können: Cale versammelte auf dieser atmosphärischen, ambientartigen Klangreise jüngere Kollegen, zum Beispiel Weyes Blood, Laurel Halo oder die Fat White Family, würdigte verstorbene Weggefährten und besang all die Themen, die ihm bis dato auf der Seele brannten – von Trump über Covid bis zum Klimawandel.

Von dystopisch zu hoffnungsvoll

Aber nun kommen auf «POPtical Illusion» 13 Songs daher, die einmal mehr allesamt das Potpourri des Vorzeige-Avantgardisten repräsentieren. Doch das neue Album mutet weniger dystopisch an, als die 17 Vorgänger-Alben. Aber so ganz ohne Untergangsstimmung und Wut kommt auch dieses Album nicht aus. Wäre auch untypisch für Cale.

Auf Gäste hat der Musikpionier bei seinem aktuellen Werk allerdings verzichtet. Seine lyrischen, lebensweisen und manchmal zornigen Texte hüllt er ganz allein in Klangteppiche von sphärischen Elektro-Beats, zarten Orgeln und einer Prise punkiger Gitarre. Das Album startet mit dem atmosphärischen und dezent elegischen Song «God Made Me Do It (Don't Ask Me Again)», gefolgt von dem leichten und poppigen «Davies und Wales».

Bei «How We See the Light» – die erste Single des Albums – wird es versöhnlich, hoffnungsvoll, ja fast zärtlich, wenn der 82-jährige Cale mit fester Stimme Zeilen singt wie: «It's a lot like magic/It's a lot like friendship/It's the best of everything/Everything I've found».

Punk trifft auf Reminiszenz

Bei «Shark-Shark», der zweiten Single-Auskopplung, wird es punkig mit rohen Gitarrensounds und stampfenden, pochenden Beats, zu denen man Lust bekommt sich zu bewegen. Eine schöne Reminiszenz an alte Zeiten, in denen er selbst Alben produzierte für Bands wie Squeeze, Siouxsie And The Banshees oder auch die erfolgreichen Debütalben von The Stooges («The Stooges», 1969) und Patti Smith («Horses», 1975), die als Klassiker gelten.

«Manchmal schreibt man einen Song einfach aus einer Laune heraus», erklärte Cale im Zug der Veröffentlichung zu dem Song. «Wenn einem die reale Welt zu sehr zusetzt, lenkt man sich am besten mit etwas ab, das einem ein Grinsen ins Gesicht zaubert.» Das ist Cale mit diesem Stück bestens gelungen und macht «Shark-Shark» zu einem Highlight des Albums.

Der 82-jährige Waliser hat im Verlauf seiner seit über sechs Jahrzehnte andauernden Karriere immer wieder betont, dass er keine Lust auf musikalischen Stillstand und Wiederholungen hat. «POPtical Illusion» ist zwar nicht Avantgarde, aber dennoch taugt das Album als (möglicher) Schlusspunkt eines reichen Musikerlebens. Und ob es sich nun dabei um Restematerial des Vorgänger-Albums handelt, für das sich Cale mehr als ein Jahrzehnt Zeit liess, ist letztlich auch egal.

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