Was 2020 angesagt sein könnte
Was ist im neuen Jahr angesagt? Was essen und trinken Trendsetter? Was machen sie in ihrer Freizeit? Und wohin sollten Menschen reisen, wenn sie sich ganz vorne fühlen wollen?
Das Wichtigste in Kürze
- Mezcal in der Bar? Bonn oder Saudi-Arabien als Reiseziel? VR-Brillen in vielen Haushalten? High-End-Hausmannskost? Salzige Proteinriegel? Einige Anwärter zu Trends des Jahres.
Ein Überblick:
FREIZEIT 2020: VR-Headsets wurde lange eine grosse Zukunft vorausgesagt, doch sie blieben trotz Milliarden-Investitionen bisher ein Nischengeschäft. Nicht so viele Menschen kauften sich eine klobige Brille, die man auch noch per Kabel an einen hochgerüsteten Computer anschliessen musste. Doch 2020 könnte die Wende für Virtual Reality auch zu Hause kommen. Facebook setzt mit dem Modell Quest von seiner Tochterfirma Oculus auf ein Gerät, das ein gutes VR-Erlebnis auch ohne Kabel und PC-Grafikkarte bieten kann. Zudem gibt es erstmals die Möglichkeit, das Geschehen - auch mit Bewegungen der blossen Hand statt über die üblichen Controller zu steuern. Das funktioniert bisher aber nur bei wenigen ausgewählten Anwendungen.
STÄDTE 2020: Europas Kulturhauptstädte sind zwei Hafenstädte - Rijeka in Kroatien und Galway in Irland. Die Olympischen Sommerspiele finden in Tokio statt, der Eurovision Song Contest in Rotterdam und die Fussball-EM in zwölf Städten über den Kontinent verteilt (Rom, Amsterdam, Bilbao, Budapest, Bukarest, Dublin, Glasgow, Kopenhagen, München, Sankt Petersburg, London und sogar Baku in Aserbaidschan). Ob sich viele bei ihren Reiseplänen von diesen Vorgaben inspirieren lassen? Die Macher vom «Lonely Planet» setzten auf Platz eins ihrer Trendziele bei den Städten Salzburg - auf Rang fünf steht die deutsche Bundesstadt Bonn wegen des 250. Geburtstages von Beethoven.
REISEN 2020: Auch wenn Fliegen und Autofahren ihre Unschuld verloren haben und als Klimakiller gelten, wird auch im kommenden Jahr weiter viel gereist. Soviel ist sicher. Doch wohin? «Grönland ist das neue Island», behauptet zum Beispiel die «1000 Places to See Before You Die»-Autorin Patricia Schultz, die ausserdem unter anderem Bolivien, Uganda und Simbabwe als Ziele empfiehlt. In Europa sei zum Beispiel Albanien im Kommen, das eine tolle Küste, gutes Essen und hervorragenden Wein biete - ähnlich wie Georgien, aber noch unentdeckter, wie die New Yorker Bestsellerautorin meint. Eine mögliche Frage auch: Wird Saudi-Arabien mit seinen gelockerten Einreisebestimmungen das neue Kuba? Ein Land mit fremdem System, aber sonnig, das Neugierige wegen seiner Andersartigkeit anlockt?
TRENDGETRÄNK 2020: Kombucha sagt der Herausgeber des Barkultur-Magazins «Mixology», Helmut Adam, im neuen Jahr eine rosige Zukunft voraus. Zarte Versuche mit Kombucha habe es bereits in den Nullerjahren gegeben. «Aber erst jetzt beginnt die Kombuchawelle so richtig Fahrt aufzunehmen. Beflügelt wird sie vom allgemeinen Wachstum bei alkoholfreien Getränken. Was früher in der eigenen Küche angesetzt wurde, kommt jetzt in trendig gestalteten Flaschen daher. Nachgesagt wird dem durch Fermentation von gesüsstem Tee hergestellten Getränks eine gesundheitsfördernde Wirkung. International bekannte Marken sind Real und Jarr Kombucha. Lokale deutsche Startups wiederum nennen sich zum Beispiel RAW oder fairment. Auch der bekannte Bio-Spezialist Voelkl mischt im Segment, dem auf Jahre zweistellige Wachstumsraten prognostiziert werden, mit einer eigenen Serie mit.»
DRINK 2020: Beim Alkohol ist Mezcal angesagt, wie Experte Helmut Adam von «Mixology» sagt. «Tequila ist ein Mezcal. Aber ein Mezcal ist nicht automatisch ein Tequila. Mit Mezcal werden in Mexiko schlicht alle aus verschiedenen Agavenpflanzen gebrannten Spirituosen bezeichnet.» Lange Zeit sei Mezcal ein Geheimtipp unter Bartendern gewesen, nun arbeite sich der rauchige und urige Cousin des Tequilas langsam in die Herzen der Spirituosenliebhaber vor. «Fast alle internationalen Spirituosenkonzerne spielen mittlerweile mit eigenen Marken oder Beteiligungen im Mezcal-Konzert mit. Die Brände, die in der Regel in Handarbeit aus in Erdlöchern gerösteten Agaven hergestellt werden, erfüllen die Sehnsucht nach Authentizität.» Die Kernregion der Mezcal-Herstellung, Oaxaca, sei zum Touristenmagnet geworden. Umweltschützern ist diese neue Begeisterung suspekt.
NASCHEN 2020: Süsses wird salziger und Fruchtgummis und Schokoladen werden kommendes Jahr wohl auch bitterer als bisher, sagt der Süsswarenexperte und Trendjäger Oliver Numrich («naschkater.com») in Berlin. So gebe es bei Schokolade immer häufiger Sorten wie «Fleur de Sel» und «Salted Caramel». Produkte wie schokolierte Salzbrezeln werden in die Dauersortimente übernommen. Da Erfrischungsgetränke oft die Aromentrends der nächsten Süsswarensaison vorgeben, sei nach den Ingwer-Shots und Matcha-Softdrinks mit entsprechendem Naschzeug zu rechnen. Numrich geht zudem davon aus, dass die Industrie weiter Zucker reduziere. «30 Prozent weniger Zucker ist heute für viele Produkte machbar.» Der Boom von Bitterschokoladen zeige, dass viele Konsumenten übersüsste Produkte nicht mehr tolerierten.
SNACKS 2020: Sorten und saisonale Sondereditionen nehmen stetig zu, wie «Naschkater» und Snack-Experte Oliver Numrich sagt. Nachteil für die Supermärkte dabei: Sie brauchten viel mehr Platz für das wachsende Angebot. Als Megatrend für 2020 sieht Numrich Riegel. «Alles wird in Riegelform gepresst und damit zu einem gesunden Snackprodukt für unterwegs.» Food-Start-ups experimentierten mit allem, was viele Proteine und wenig Fett habe: Algen, Insekten, Trockenfleisch. «Solche Riegel sollen Sportlern auch als würzige Alternative zu süssen Proteinriegeln dienen.» Neben Riegeln sollen auch lose Nuss-Frucht-Gebäck-Mischungen in handlichen To-go-Packungen gross rauskommen. Es geht auch hier um gute Fette, Eiweisse, Ballaststoffe. Auch kleine Cerealien-Bällchen mit oder ohne Schokolade werden populärer. Ausserdem: «Kartoffelchips kommen mit immer verrückteren und komplexeren Geschmacksrichtungen auf den deutschen Markt wie Pastrami-Sandwich, Peking-Ente oder Stadionwurst.»
RESTAURANTS 2020: «High-End-Hausmannskost wird das heisse Ding», meint der «Genuss Guide 2020» des «Tagesspiegel» - das dürfte nicht nur für Berlin und Umgebung gelten, sondern ist ein Langfrist-Trend. Nach der Asia-Welle, den vielen Burger-Läden, dem Mexiko- und Korea-Trend, dem Streetfood-Hype, der Veggie-Wave und den angesagten Bowl-Lokalen (also Schüsselrestaurants) gibt es parallel schon längst eine Rückbesinnung aufs sogenannte Gutbürgerliche. Rouladen, Königsberger Klopse und das gute alte Wiener Schnitzel werden beispielsweise fettfreier zubereitet und innovativ aufgerüstet. Der deutsche Restaurantführer «Michelin» mit seinen Sternen erscheint für 2020 übrigens erst Anfang März.