Wiener Staatsoper: Transgender-Oper «Orlando» bejubelt
Am Traditionshaus der Wiener Staatsoper wird mit der Uraufführung von Olga Neuwirths Oper «Orlando» ein politisch provokativer Klassiker aufgeführt.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Operndirektor Dominique Meyer verlässt das Traditionshaus schon bald.
- Vor seinem Abschied lässt er noch die kontroverse Oper «Orlando» von Neuwirth aufführen.
- Die Wiener Staatsoper schrieb in der Ära Dominique Meyer selten Schlagzeilen.
Während der grosse Konkurrent in München reihenweise Kritikerpreise abräumte, betrieb die berühmte Wiener Staatsoper eher brave Repertoirepflege.
Doch kurz vor dem Ende gelang Meyer mit der Uraufführung der Oper «Orlando» von Olga Neuwirth ein umjubelter Coup.
Das erste Werk einer Frau in Wiener Staatsoper
Erstmals in ihrer 150-jährigen Geschichte brachte die Staatsoper damit das Werk einer Frau als abendfüllende Uraufführung auf die Bühne. Nach wie vor wird das Renommiertheaters von Männern dominiert. Dazu kamen Transgenderthematik, Schlagzeugcombo auf der Bühne, zotig-feministische Texte und wilde Videoanimationen.
So etwas hat es in der Wiener Staatsoper wohl noch nie gegeben. Meyer, der in Kürze die Mailänder Scala übernimmt, wollte beweisen, dass er auch anders kann. Das ist ihm gelungen.
Neuwirth ist radikale Frauenrechtlerin
Die Ex-Punkerin Olga Neuwirth gilt als «enfant terrible» der österreichischen Neutöner-Szene. Sie ist nicht nur eine radikale Frauenrechtlerin, sie kämpft auch für die gleichgeschlechtliche Liebe. Und sie kämpft auch (zusammen mit der Schriftstellerin Elfriede Jelinek) gegen rechtsextreme Tendenzen in der Gesellschaft.

Zudem pflegt sie eine Musiksprache, die sich aller Stile von Renaissance bis Pop und Live-Elektronik bedient. Grundiert wird diese von einem düster-melancholischen Zug, den sie selbst als «Katastrophenmusik» bezeichnet.
Kultbuch in der LGBTQ-Szene
Virginia Woolfs «Orlando» gilt in der LGBTQ-Szene als Kultbuch. Die englische Autorin (1882-1941) erzählt darin die fiktive Lebensbeschreibung eines Edelmanns des elisabethanischen Zeitalters. Dieser entdeckte die Poesie und sich selbst auf seiner Reise durch die Jahrhunderte in eine Frau verwandelt.
Neuwirth und ihre Librettistin Catherine Filloux schreiben Orlandos Biografie bis in die Jetztzeit weiter. Sie verbinden mit ihr ein Plädoyer gegen die Unterdrückung von Frauen und für die Anerkennung multipler Identitäten.