Wolf Schneider beklagt Fehler bei der Einheit
Er vergleicht Regionen im Osten Deutschlands mit dem abgehängten Süden Italien. Der Schriftsteller Rolf Schneider sieht noch viele Defizite im Einheitsprozess.
Das Wichtigste in Kürze
- 30 Jahre nach dem Fall der Mauer hat der Schriftsteller Rolf Schneider schwere Fehler im Zuge der Einheit kritisiert.
«Die Wiedervereinigung war ein politischer Glücksfall», sagte der 87-jährige Schneider der dpa in Schöneiche bei Berlin.
Danach seien grosse Fehler passiert. «Der Einigungsvertrag war alles in allem kein guten Vertrag. Die Treuhandgesellschaft war eine mittlere Katastrophe mit dem, was sie angerichtet hat. Die Währungsreform war im Grunde ein Wahnsinn», sagte Schneider.
«Die Folgen tragen wir heute noch.» In Teilen sei der Osten zu einem deutschen Mezzogiorno geworden, sagte Schneider mit Blick auf den traditionell strukturschwachen Süden Italiens. «Gucken Sie sich die Lausitz an oder Ostbrandenburg - das ist Mezzogiorno», sagte Schneider. Dabei gehe es nicht um Drogenmafia, sondern um «einfach miese, kleinste Verhältnisse».
Daraus ergeben sich für Schneider dramatische Folgen. «Es ist ein Phänomen: so wie es in den 30er Jahren mal einen weltweiten Run hin zu Rechtsdiktaturen oder diktatorischen Systemen gegeben hat, gibt es auch heute einen merkwürdigen Rechtsruck, zu rechtem Populismus und autoritären Regimen.»
Schneider gehörte zu einer Gruppe von neun Schriftstellern um Stefan Heym, die vor 40 Jahren aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen wurden. Sie hatten sich mit dem zuvor ausgebürgerten Wolf Biermann solidarisiert.