11'000 Parkplätze weg – das sagt die Autolobby

Alexander König
Alexander König

Zürich,

Immer weniger Parkplätze in der Schweiz – auch der Umwelt zuliebe. Die Autolobby kontert mit einem Problem, von dem wohl jeder Autofahrer ein Lied singen kann.

Streit um rare Parkplätze - gerade in der Vorweihnachtszeit keine Seltenheit.
Streit um rare Parkplätze - gerade in der Vorweihnachtszeit keine Seltenheit. - Christin Klose/dpa-tmn

Das Wichtigste in Kürze

  • Rund 11'000 Parkplätze büsste die Schweiz innert zehn Jahren ein.
  • Damit verfolgen die Städte Ziele in puncto Umverteilung im Personenverkehr und Klima.
  • Die Autolobby schüttelt jedoch den Kopf – hält die Massnahmen für kontraproduktiv.

Zehn Prozent weniger Parkplätze in zehn Jahren – so die Bilanz in den Städten Zürich, Basel, Bern, Lausanne und Genf.

Allein in Zürich verschwanden seit 2015 mehr als 3000 veröffentlichte Parkplätze, berichtet der «Tages-Anzeiger», der Stadt- und Kantonsdaten auswertete.

In Genf sind es etwa eben soviel. In Lausanne «nur» 2500. In Basel und Bern sind es jeweils weniger als 1500.

Das Ziel: Weniger motorisierter Individualverkehr (MIV), sprich: Autos, die in der Stadt unterwegs sind.

Ob's funktioniert?

Parkplätze in Frankreich
Kompromisslösung? Solarüberdachte Parkplätze in Frankreich. - Service de Presse/SNCF/dpa

Wegen Parkplatzabbau? Immer weniger zugelassene Autos

Ein Blick in die Daten des Bundesamts für Statistik (BFS) verrät:

In Zürich etwa kamen 2007 auf einen Einwohner 0,42 Personenwagen. 2015 waren es noch 0,37, was einem Rückgang von 12 Prozent entspricht.

Und in Luzern waren 2021 401 Personenwagen pro 1000 Einwohner zugelassen.

Gegenüber 2015 entspricht dies ebenfalls einem Rückgang von rund 12 Prozent.

Für diese Entwicklung dürften viele Faktoren sorgen – die Parkplatzreduktion sicherlich einer davon.

Diagram Motorisierungsgrad
Dieses Diagram der Städtekonferenz Mobilität zeigt die Entwicklung des Motorisierungsgrads in den grössten Schweizer Städten von 2010 bis 2021. - skm-cvm.ch

Die Stadt Zürich plant nun, den MIV bis 2040 um 30 Prozent zu reduzieren.

Von 2010 bis 2015 reduzierte Bern den MIV bereits um 10 Prozent. Doch damti gibt sich die Stadt längst nicht zufrieden: Bis 2030 soll nämlich der Veloanteil auf 20 Prozent erhöht werden.

Warum das realistisch ist, erklärte Michael Sutter (SP) im Interview mit Nau.ch.

Auch in der Welschschweiz bewegte sich etwas:

In Lausanne sollen bis 2030 benzin- und dieselbetriebene Autos aus der Stadt verbannt und der motorisierte Individualverkehr halbiert werden. Das wurde bereits 2021 beschlossen.

Doch die Städte möchten mit der Parkplatzreduktion nicht nur den MIV in der Bevölkerung der Städte reduzieren, weiss Vincent Kaufmann.

Er ist Direktor des Labors für Stadtsoziologie an der ETH Lausanne.

auto auspuff
Drei Viertel aller Fahrzeuge, die in der Schweiz zugelassen sind, sind Personenwagen. (Archivbild) - keystone

Parkplatzreduktion sei auch nötig, «damit Verkehrsteilnehmer von ausserhalb nicht verleitet werden, mit dem Auto in die Stadt zu kommen».

Parkplätze in Städten: Autolobby schiesst gegen Reduktion

Weniger (Park-)Platz für Autos. Das stösst der Autolobby sauer auf.

Denn der Abbau ist «kontraproduktiv», findet zumindest SVP-Nationalrat und Präsident des Automobil-Clubs der Schweiz (ACS), Thomas Hurter.

Thomas Hurter
Thomas Hurter ist seit 2007 SVP-Nationalrat aus Schaffhausen. - Thomas Hurter

Gewerbe, Pendler, Anwohner und Menschen, die für Freizeitbeschäftigungen in die Stadt reisen, würden unter mangelnden Parkplätzen leiden.

Dass der Motorisierungsgrad der Stadtbevölkerung sinkt, sei lediglich Folge der fehlenden Parkmöglichkeiten, sagt er zum «Tagesanzeiger».

Mit dem Zug in die Aussenstadt, mit dem Velo ins Zentrum

Stellt sich die Frage: Ist nicht gerade dies das Ziel des Parkplatzabbaus? Dieser Punkt ist nicht Teil des Interviews.

Doch Hurter führt mit dem «Parkplatz-Suchverkehr» ein weiteres Argument auf. Dieser müsse unbedingt vermieden werden.

Parkplatz in Spreitenbach AG
Aufnahme des Parkplatzes im Zentrum der Stadt Spreitenbach AG in den Siebzigerjahren. - keystone

Dass das Parkplatzsuchen zur Herkules-Aufgabe werden kann, zeigt das Beispiel eines Nau.ch-Lesers von 2023: Eine halbe Stunde sucht er in der Stadt Bern vergeblich einen Parkplatz. Und liefert den Videobeweis.

ETH-Experte Kaufmann zeigt Verständnis, doch die Frage sei, «welche Alternativen geboten werden».

Konkret: erweiterte Infrastruktur für Velos oder Bahnstationen ausserhalb des Stadtzentrums. Mit dem Velo sollen die Pendler nach Ankunft zu ihrem Zielort radeln.

Die Parkplätze werden indes nicht nur reduziert: Es gibt auch immer weniger neue. So begrenzte der Berner Stadtrat die Anzahl Parkplätze im neuen Wohngebiet auf dem Wifag-Areal auf 190.

Wifag-Areal
Visualisierung Umnutzung Wifag-Areal. - Salewski Nater Kretz AG Architektur und Städtebau

In Biel hingegen müssen Bauherren mehr blechen, wenn sie keinen Parkplatz bauen.

Warum weniger Parkplätze?

Doch warum soll der Motorisierungsgrad überhaupt sinken? Einerseits mehr Platz für Parks, Terrassen und Velowege.

Und auch wenn keine der vom «Tagesanzeiger» angefragten Stellen dies sagt, ist mit Hinblick auf politische Statements klar:

Es geht auch um Lärmreduktion, Sicherheit und vor allem um die Umwelt.

Esther Keller (GLP) vom Kanton Basel-Stadt erklärte den Parkplatzabbau gegenüber «Telebasel» 2021 so: «Der oberirdische Platz ist, nur um zu parkieren, einfach zu wertvoll.»

basel onlinereports
Esther Keller (GLP). - Michael Fritschi

Und der abtretende Zürcher Stadtrat Richard Wolff sagte 2022 im Interview mit dem «Tagesanzeiger»: «Die Umverteilung (...) geschieht nicht aus Spass am Ärgern. Sondern, weil es die Klimaerwärmung und das Wachstum der Stadt erfordern.»

Kommentare

User #1813 (nicht angemeldet)

Wir brauchen eine MAUT in den Städten.

User #4252 (nicht angemeldet)

weniger Staatsangestellte wäre auch gut für die Umwelt.

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