50 Wölfe abgeschossen: Bilanz könnte negativ ausfallen
Mit dem Ende der Wolfs-Jagdsaison wird Bilanz gezogen und ein Ausblick gemacht. Es bleiben viele Unklarheiten.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Frist für den Abschuss von Wolfsrudeln endet morgen.
- Für die Wolfsfreunde ist die Bilanz ernüchternd.
- Sie warnen aber auch: Die Folgen könnten selbst für Schafhalter kontraproduktiv sein.
Morgen endet die Frist für den Abschuss von Wölfen beziehungsweise ganzen Wolfsrudeln. Gemeinsam mit der «Gruppe Wolf Schweiz» und dem WWF Schweiz zieht Pro Natura nun Bilanz. Natürlich ist man nicht erfreut über den Abschuss von rund 50 Wölfen. Unklar sei aber auch, was dies überhaupt gebracht habe, heisst es auf Anfrage.
Wie bei Schädlingsbekämpfung
Kritisiert wird vor allem auch, dass sich beim Thema Wolf einzelne Politiker regelrecht hätten profilieren wollen. Die Rede ist von einem Feldzug mittels Köder, Autos und Nachtsichtgeräten – bis hin zum irrtümlichen Abschuss eines Herdenschutzhundes.
Die Jagdmethoden seien «alles Massnahmen, die man bei Sonderabschüssen braucht», sagt Sara Wehrli, Verantwortliche Grosse Beutegreifer und Jagdpolitik bei Pro Natura. «Das läuft auf Schädlingsbekämpfung heraus: Man ‹muss› den Wolf mit allen legalen und ‹halblegalen› Mittel eliminieren.»
Kritisiert wird aber auch einmal mehr, dass sich aufgrund der Zahlen eigentlich gar keine Sondermassnahmen aufdrängten. Denn in den meisten Kantonen mit Wolfsrudeln waren zuletzt die Wolfsrisse rückläufig, in Graubünden und Glarus gar «stark rückläufig». Angestiegen sind die Wolfsrisse in den Kantonen Sankt Gallen und Waadt. Bei diesen geht man davon aus, dass der Plafond aufgrund der Herdenschutzmassnahmen noch nicht ganz erreicht ist.
Unklar, ob Wolfspopulation & Risse zurückgehen
In Kantonen ohne Wolfsrudel, wo Einzelwölfe Tiere gerissen haben, geht man vorläufig davon aus, dass die Zahlen auch 2023 ungefähr gleich sein werden. Hier gilt, was auch für die ganze Schweiz zutrifft: Es kann so oder so kommen.
So will sich auch Wolfsexpertin Wehrli nicht auf die Äste hinaus lassen, was denn nun der Effekt der dezimierten Wolfspopulation auf die Anzahl Risse sein könnte. «Ein einzelnes Jahr reicht nicht aus für eine definitive Einschätzung. Ein Rückgang der Risse ist ebenso möglich wie ein Anstieg durch viele unerfahrene Jungwölfe.»
Bei der Wolfspopulation könnten die Dutzenden Abschüsse ebenfalls unbeabsichtigte Folgen haben. Zwar hat es für den Moment rund einen Sechstel weniger Wölfe. Die Voraussetzungen – sprich, der Lebensraum und das Nahrungsangebot – sind aber noch gleich wie letztes Jahr.
Mehr Wölfe – wegen Abschüssen?
«Viele Rudel sind nun etwas ‹zerschossen› oder es verbleiben vermehrt Einzeltiere», gibt Sara Wehrli von Pro Natura zu bedenken. Mit der Folge, dass nicht wie im geordneten Rudel allein die Alpha-Tiere sich fortpflanzen. «Das könnte nun sogar heissen, dass mehr Weibchen gedeckt werden und zu einem Anstieg der Wolfszahlen beitragen.»
Das teilweise gleich wieder vom Bundesgericht abgeblasene Halali auf die Schweizer Wölfe macht nun eine Evaluation schwierig. Werden im Sommer viele Schafe und andere Weidetiere gerissen, könnten beide Seiten behaupten: Seht ihr, wir hatten recht. Die Wolfsfreunde damit, dass die Übung nichts bringe. Die Wolfsgegner könnten darauf verweisen, dass offenbar viel zu wenige Wölfe abgeschossen wurden.