Abfallverwerter gehen beim Klimaschutz voran
Die Kehrichtverwertungsanlagen wollen beim Klimaschutz eine Pionierrolle einnehmen und planen die CO2-Entnahme im grossen Stil.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweiz kann bis 2050 die Netto-Null nicht erreichen, ohne die Entnahme von CO2.
- Die Kehrichtverwertungsanlagen gehen bei der Entwicklung der nötigen Technologie voran.
- Im Jahr 2030 soll die erste Anlage für negative Emissionen sorgen.
Die Schweiz will spätestens im Jahr 2050 das Netto-Null-Ziel erreichen. Doch die langfristige Klimastrategie zeigt, dass der Ausstoss von Treibhausgasen bis dahin nur um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden kann.
Die restlichen Emissionen sollen mit sogenannten «negativen Emissionen» ausgeglichen werden. Dabei wird CO2 aus der Verbrennung von Altholz abgefangen und dauerhaft eingelagert – Stichwort Carbon Capture and Storage, kurz CCS. Konkret sollen so im Inland 7 Millionen Tonnen des schädlichen Gases der Atmosphäre entzogen werden.
Kehrichtverwertungsanlagen treiben Entwicklung voran
Eine zentrale Rolle in der Klimastrategie kommt den Kehrichtverwertungsanlagen (KVA) zu. Das kommt nicht von ungefähr: Die 29 KVA verursachen zusammen fünf Prozent des gesamten CO2-Ausstosses der Schweiz.
Der Branchenverband VBSA hat diese Woche mit dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Die Abfallverwerter verpflichten sich so, jährlich eine Million in diese CCS-Technologien zu investieren. Damit soll die Technologie erstmals erprobt und die Entwicklung vorangetrieben werden.
Erste Anlage soll 2030 den Betrieb aufnehmen
Vorgesehen ist, dass 2030 die erste Anlage mit einer Kapazität von 100'000 Tonnen den Betrieb aufnimmt. Doch die Skalierungspläne sind ambitioniert: Fünf Jahre später werden 400'000 Tonnen anvisiert, 2050 bereits die erwähnten 7 Millionen Tonnen. Dazu muss allerdings die Technologie auch in der übrigen Industrie Anwendung finden.
«Der Aufbau dieser neuartigen Klimaschutz‐Infrastruktur ist eine Generationsaufgabe, vergleichbar in ihrem beträchtlichen Umfang mit dem Aufbau der Abwasserreinigung im vergangenen Jahrhundert», sagt Robin Quartier, Direktor des VBSA.
Gemeint ist eine Infrastruktur, um das CO2 zu transportieren und dauerhaft zu speichern, dessen Aufbau und Unterhalt zusätzliche zu finanzierende Milliarden kosten wird. Die Rede ist von neuen Pipelines quer durch die Schweiz und bis an die Grenze. Denn gemäss einer ETH-Studie wird sich wegen der Bodenbeschaffenheit nur ein kleiner Teil des Gases in der Schweiz einlagern lassen.
Deshalb erproben ETH-Forschende in einem Pilotprojekt die Lieferketten bis nach Island, wo die Bedingungen optimal seine. Dabei will man untersuchen, wie der Transport bestmöglich gestaltet und hochskaliert werden kann.
Zertifikatshandel könnte Kosten für Einlagerung ausgleichen
Bei der ersten Anlage geht der Verband davon aus, dass die Einlagerung einer Tonne CO2 zwischen 300 und 400 Franken kosten wird. Später sollen die Kosten auf rund 100 Franken pro Tonne sinken.
Grundsätzlich müssten diese Kosten zwar vom Verbraucher getragen werden. Allerdings könnten die negativen Emissionen über die Zertifikate auch verkauft werden und die Mehrkosten so ausgeglichen werden. VBSA-Direktor Robin Quartier verspricht: «Bis 2030 wird der Sackpreis nicht steigen.»