Aids-Hilfe Schweiz rechnet mit mehr Impfwilligen als der Bund
Gestern gab der Bundesrat bekannt, 40'000 Impfdosen gegen die Affenpocken zu beschaffen. Doch die Aids-Hilfe sagt, das werde auf keinen Fall reichen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Affenpocken grassieren hierzulande mit schon über 400 Infizierten.
- Der Bundesrat will 40'000 Impfstoff-Dosen kaufen und rechnet mit 20'000 Impfwilligen.
- Die Aids-Hilfe Schweiz erwartet aber einen grossen Ansturm auf die Impfung.
40'000 Dosen des Impfstoffes Imvanex sollen den Ausbruch der Affenpocken in der Schweiz einschränken. Der Bundesrat hat gestern Mittwoch entschieden, eine zentrale Beschaffung der Impfung dritter Generation bei Bavarian Nordic umzusetzen. Er geht davon aus, dass etwa 20'000 Personen an einer Impfung interessiert seien.
An dieser Einschätzung zweifelt die Aids-Hilfe Schweiz, wie die Organisation mitteilt. «Der Ansturm auf die Impfung wird gross sein», sagt Florian Vock, Leiter der Abteilung «Key Populations». Denn in der Schweiz lebten mindestens 85'000 Männer, die Sex mit anderen Männern haben, so Vock.
Armee-Reserven des Affenpocken-Impfstoffs wohl auch nötig
Um die Gemeinschaft ausreichend zu schützen, müssten rund 50'000 Personen geimpft werden: Da Imvanex – ähnlich wie die Covid-Impstoffe – in zwei Dosen verabreicht werden müsse, werde es also 100'000 Dosen benötigen. Die zusätzlich beschaffte Reserve der Armee (60'000 Dosen) werde also auch gebraucht, prognostiziert die Aids-Hilfe.
Gemäss Bundesrats-Plan sollen nicht nur infektionsgefährdete Personen, sondern auch Personen in Gesundheitsberufen und Kontaktpersonen von Infizierten die Impfung erhalten. Die 100'000 Dosen könnten also definitiv nicht ausreichen.
Weiter fordert die Organisation schweizweit einheitliche Kriterien und Prozesse zur Verimpfung. Ansonsten könne die Impfbereitschaft von Betroffenen leiden. Die Aids-Hilfe befürchtet auch eine Stigmatisierung aufgrund der Kriterien: «Es darf nicht zu peinlichen Befragungen oder unverhältnismässigen Ausschlusskriterien kommen», warnt Vock. Fragen zur Anzahl von Sexualpartnern oder HIV-Status wären kontraproduktiv.
Die Kantone sollen mit Fachpersonen für sexuelle Gesundheit zusammenarbeiten, schlägt er vor. So könnten sie betroffene Männer erreichen.
Wann der Impfstoff in der Schweiz erhältlich sein wird, ist noch unklar. Der Bundesrat geht zusätzlich davon aus, dass Imvanex als nicht zugelassenes Mittel verimpft werden wird: Swissmedic hat bis heute noch kein Gesuch um Zulassung von Bavarian Nordic erhalten. Die Impfwilligen sollen daher gut über die Impfung informiert werden.