Alina Kabajewa: Warum ist die Putin-Freundin nicht sanktioniert?
Das Wichtigste in Kürze
- Alina Kabajewa, die angebliche Geliebte von Wladimir Putin, ist nicht sanktioniert.
- Personen mit ähnlichem Profil und Verbindung zu Kabajewas Arbeitgeber hingegen schon.
- Sie sollte ebenfalls auf der Sanktionsliste sein, sagt Strafrechtsprofessor Mark Pieth.
Schon kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs reagierte der Westen mit immer drastischeren Sanktionen gegen Russland. Eliten rund um Präsident Wladimir Putin, Unternehmen und Banken wurden auf die Liste gesetzt, Russland vom Zahlungssystem SWIFT abgeschnitten.
Nicht von den Sanktionen tangiert ist aber Alina Kabajewa, angebliche Geliebte Putins und Mutter von bis zu vier seiner Kinder. Das verwundert nicht nur Menschenrechts-Aktivisten, auch der renommierte Strafrechtsprofessor Mark Pieth kommt ins Stutzen.
Sanktionen gegen Alina Kabajewa wären insbesondere für die Schweiz relevant. Immer wieder gibt es Gerüchte, sie befinde sich im Tessin, habe dort auch Zwillinge zur Welt gebracht. Vorsichtshalber hat das EJPD trotzdem abgeklärt, ob man Hinweise für die Anwesenheit der ehemaligen Turn-Weltmeisterin finde.
Alle sind sanktioniert – ausser Alina Kabajewa
Denn Alina Kabajewa ist immerhin auch Verwaltungsratspräsidentin der «National Media Group» (NMG), einem der grössten russischen Medienunternehmen. Es besitzt unter anderem das Traditionsblatt «Iswestija», aber auch den grössten – selbstredend staatstreuen – TV-Sender «Channel One».
Bei anderen Personen gilt nur schon die indirekte Verflechtung mit NMG als dermassen toxisch, dass damit die Sanktionen begründet werden. Nicht aber bei Alina Kabajewa. «Meiner Ansicht nach sollte sie ebenfalls auf der Sanktions-Liste sein», sagt Mark Pieth klipp und klar.
So wie Konstantin Ernst, der CEO von «Channel One». So wie Artem Sheynin, weil er auf «Channel One» eine Talkshow hat. So wie Gennadi Timtschenko, der Grossaktionär bei «Transoil» ist, welche 8,5 Prozent der Aktien der Bank Rossija hält. Diese ist wiederum Grossaktionärin bei NMG, der Besitzerin von «Channel One», wie in der Sanktionsbegründung betont wird.
Schweiz sanktioniert keine Medien
Nun sperrt die Schweiz, im Gegensatz zur EU, nicht einmal die auch im Westen ausgestrahlten Propaganda-Sender «RT» und «Sputnik». Die aufs russische Publikum zugeschnittenen staatlichen und halbstaatlichen Programme wie «Channel One» zu sanktionieren, wäre also paradox. Wie erwähnt sind aber durchaus Einzelpersonen von «Channel One», aber auch von «Rossija 1» und weiteren Sendern, sanktioniert. Die USA gehen auch gezielt gegen Portale wie «InfoRos» und «NewsFront» vor.
Doch Putin-Freundin Alina Kabajewa scheint kein Thema zu sein, trotz ihrer Verantwortung bei der inhaltlichen Ausrichtung von «Channel One». Dem Bundesrat könnte man zugutehalten, dass er jeweils die Formulierungen der EU übernimmt, auch wenn diese inkohärent zu sein scheinen. Das SECO betont allerdings auf Anfrage: «Der Bundesrat entscheidet autonom, ob er die von der Europäischen Union (EU) beschlossenen Sanktionen ganz oder teilweise übernimmt.»
Pieth: «Kommen eh nicht nach»
Genau hier ortet aber Geldwäscherei-Experte Mark Pieth zwei Grundprobleme bei den Sanktionen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. «Die Listen der USA, der EU und Grossbritanniens sind nicht einheitlich», streicht Pieth heraus. «Und die Schweiz ist nicht in der internationalen Taskforce dabei.» Doch auch ohne Eintrag in der Sanktions-Liste gelte Alina Kabajewa als PEP, als politisch exponierte Person.
«Eine schlaue Bank wäre so oder so vorsichtig», weiss Mark Pieth. «Mit ihr als Kundin will man sich nicht die Finger verbrennen.» Immerhin könnte Kabajewa in einer späteren Runde doch noch auf der Liste landen. Schliesslich wäre nicht nur die Verbindung zur «National Media Group» ein Sanktionsgrund.
Wie bei Gennadi Timtschenko und diversen anderen Sanktionierten gilt auch bei ihr: Sie kennt Wladimir Putin schon länger. Mark Pieth zweifelt allerdings, ob sich mit offiziellen Sanktionsmassnahmen sehr viel ändern würde. «Wir kommen eh nicht nach mit der Abarbeitung all der Namen, die bereits jetzt auf der Liste sind.»